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Existenziell für viele Menschen im Land: der Rentenbescheid.

© Felix Kästle/dpa

Koalition einigt sich auf Verbesserungen: Mehr Geld für Rentner

Für viele Rentner bedeutet die Einigung der Koalition Verbesserungen. Für die Beitragszahler ist sie erst mal ein Nullsummenspiel.

Nein, es ging in der Nacht zum Mittwoch nicht um die hochumstrittene SPD-Forderung, das Rentenniveau bis 2040 zu stabilisieren. Insofern sind die Sozialdemokraten auch nicht „gescheitert“, wie das die Linke am Folgetag behauptete. Die Koalitionsspitzen haben sich lediglich darauf verständigt, wie es mit der Rente bis 2025 weitergehen soll. Sie taten das nach bewährtem Rezept: Jeder kriegt ein bisschen was. Die CSU setzte ihre Mütterrente durch, die SPD eine Haltelinie beim Rentenniveau für die nächsten sechs Jahre, die CDU mehr Beitragssenkung in der Arbeitslosenversicherung. Die Kosten des Ganzen: knapp 32 Milliarden Euro allein für die Rentenversicherung. Am Mittwoch wurde das Paket vom Kabinett abgesegnet. Hier die Details.

Doppelte Haltelinie für Rentenniveau und Rentenbeiträge

Die „doppelte Haltelinie“ steht bereits im Koalitionsvertrag, nun wird sie real: Das Rentenniveau, also das Verhältnis der Durchschnittsrente nach 45 Beitragsjahren zum Durchschnittslohn, soll bis 2025 auf dem heutigen Stand von 48 Prozent bleiben. Gleichzeitig sollen die Beiträge nicht über 20 Prozent steigen, derzeit sind es 18,6 Prozent vom Brutto.

Damit das gut geht, fließen schon mal Steuerzuschüsse in einen Zusatztopf namens „Demografiefonds“. Dieser wird ab 2021 pro Jahr mit zwei Milliarden Euro gespeist und soll die Beitragsobergrenze gegen unvorhergesehene Entwicklungen absichern.

Höhere Mütterrente für zehn Millionen Menschen

Eigentlich wollte die CSU alle Mütter oder Väter pro Kind, das vor 1992 geboren ist, bei der Rente mit einem zusätzlichen Rentenpunkt aufwerten. Weil das zu teuer war, einigte man sich im Koalitionsvertrag darauf, diesen Aufschlag lediglich denen mit drei und mehr Kindern zu spendieren. Nun die letztgültige Änderung: Auf Vorschlag der SPD gibt es für jedes vor 1992 geborene Kind eine Rentenaufbesserung, allerdings nur um einen halben Punkt. Das kostet mit 3,7 Milliarden Euro genauso viel wie die ursprüngliche Variante, bringt aber weit mehr Menschen eine höhere Rente.

Nach Angaben des Sozialministeriums steigt die Zahl der Nutznießer dadurch von drei auf knapp zehn Millionen. Damit sind ältere Mütter und Väter bei der Alterssicherung fortan nur noch um einen halben Punkt schlechter gestellt als jüngere. Die Aufbesserung macht für Westrenten derzeit 16,02 Euro pro Monat aus, für Ostrenten 15,35 Euro.

Für jedes Kind, das vor 1992 geboren wurde, bekommt nun also die Mutter (oder nach Absprache auch der Vater) zweieinhalb Rentenpunkte. Das bedeutet im Westen für Elternteile mit zwei vor 1992 geborenen Kindern künftig 160,16 Euro mehr an Rente. In Ostdeutschland sind es 153,46 Euro mehr im Monat. Eine Mutter mit zwei Kindern, die nach 1992 geboren wurden, bekommt im Westen für die Erziehungszeit 192,18 Euro im Monat, im Osten 184,14 Euro.

Die Deutsche Rentenversicherung hat bereits im Vorfeld klar gemacht, was ihr an der Sache nicht passt: die Finanzierung. "Eine erweiterte Anrechnung von Kindererziehungszeiten ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und darf nicht allein den Beitragszahlern aufgebürdet werden", heißt es in einer Stellungnahme vom Juli - welche die Koalitionäre offenbar wenig beeindruckte. Die gesamte sogenannte Mütterrente sei "in vollem Umfang aus Steuermitteln zu finanzieren".

Mehr Rente für Erwerbsgeminderte

Wer sein Erwerbsleben wegen Krankheit früher beenden muss, hat im Alter ein hohes Armutsrisiko. Im Jahr 2016 landeten solche Menschen zu 14,7 Prozent in der Grundsicherung, die entsprechende Quote bei gewöhnlichen Altersrentnern betrug nur 2,6 Prozent. Daher soll die Absicherung nun deutlich besser werden. Für Erwerbsminderungsrentner ab 2019 wird die Zurechnungszeit erst mal auf 65 Jahre und acht Monate, danach – parallel zur steigenden Regelaltersgrenze – weiter auf 67 Jahre angehoben.

Das Problem dabei: Wer wenig Rente bekommt, erhält womöglich auch den höheren Satz nicht ausgezahlt, sondern nur auf seine Grundsicherung angerechnet. Und die 1,8 Millionen Menschen, die bereits eine Erwerbsminderungsrente beziehen, bleiben so arm wie bisher und bei den Verbesserungen außen vor.

Beitragsentlastung bei geringem Lohn

Die Einkommensgrenze, ab der volle Sozialbeiträge gezahlt werden müssen, soll von 850 auf 1300 Euro steigen. Die verringerten Rentenbeiträge führen jedoch nicht zu geringeren Rentenansprüchen. Bisher galt die sogenannte „Gleitzone“ für geringere Beiträge nur für Einkommen zwischen 450 und 850 Euro, also lediglich für sogenannte Mini- und Midi-Jobs.

Nach Ministeriumsangaben profitieren von der Neuerung bis zu 3,5 Millionen Beschäftigte.

Sinkende Beiträge zur Arbeitslosenversicherung

Im Koalitionsvertrag war noch die Rede von 0,3 Prozentpunkten, nun sinkt der Satz zur Arbeitslosenversicherung um 0,5 Punkte. Er schrumpft zum Jahreswechsel also von 3,0 auf 2,5 Prozent. Das freut nicht nur die Unionspolitiker, die wegen der guten Konjunktur auf stärkere Entlastung gedrängt hatten, sondern auch den Gesundheitsminister, der dieses Geld gleich wieder auszugeben gedenkt.

„Die Senkung gibt uns den Spielraum, jetzt in der Pflege die Verbesserungen zu finanzieren, die notwendig sind“, sagte Jens Spahn (CDU) in einer ersten Reaktion. Bekanntlich plant der Minister, die Pflegebeiträge um 0,5 Punkte zu erhöhen. Für die Beitragszahler wäre die Einigung folglich ein Nullsummenspiel.

Allerdings soll auch berufliche Weiterbildung stärker gefördert und der Schutz für kurzzeitig Beschäftigte besser werden. Bisher hat nur Anspruch auf Leistungen, wer in den zwei Jahren vor seiner Arbeitslosigkeit mindestens zwölf Monate lang Beiträge gezahlt hat. Diese Frist wird nun auf 30 Monate ausgeweitet.

Grundrente für langjährige Beitragszahlung soll nächstes Jahr kommen

Das Paket sei keineswegs das Ende der Reformen, versicherte Sozialminister Hubertus Heil (SPD). Nächstes Jahr wolle man umsetzen, dass Geringverdiener, die jahrzehntelang gearbeitet, Kinder erzogen und Angehörige gepflegt haben, mehr Rente erhalten als Menschen, die niemals oder nur viel kürzer Beiträge gezahlt haben. Bekanntlich soll diese "Grundrente" nach 35 Beitragsjahren um zehn Prozent über der Grundsicherung liegen.

Und last not least wolle man noch vor den nächsten Wahlen die Weichen stellen für ein Rentenniveau von 48 Prozent bis 2040. Allerdings könnte das dann noch Ärger mit dem Koalitionspartner geben.

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