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Koalition: Unmut über Köhler wächst

In der großen Koalition wächst der Unmut über das Vorgehen des Bundespräsidenten bei der Prüfung von Gesetzen. Nach führenden Unions-Politikern ging nun auch die SPD auf Distanz.

Berlin - Die SPD-Fraktionsspitze forderte Köhler zur Zurückhaltung auf. SPD-Fraktionsgeschäftsführer Olaf Scholz sagte: "Die Frage der Verfassungsmäßigkeit ist vom Bundesverfassungsgericht zu prüfen." Das Staatsoberhaupt sollte sich auf Fälle beschränken, in denen die Verfassungswidrigkeit den Gesetzen "auf die Stirn geschrieben steht". Dies sei bei den zuletzt vom Bundespräsidialamt beanstandeten Gesetzen nicht der Fall gewesen. Ähnlich hatte sich zuvor Unions-Fraktionsgeschäftsführer Norbert Röttgen (CDU) geäußert.

SPD-Fraktionschef Peter Struck hatte bereits am Dienstag im Bericht an die Fraktion auf das Bundesverfassungsgericht "und sonst niemand" als die Instanz verwiesen, "die letztendlich und abschließend über die Verfassungsmäßigkeit zu entscheiden hat". Die "Passauer Neue Presse" zitierte Struck weiter mit den Worten: "Daraus hat Bundespräsident Rau, zum Beispiel beim Zuwanderungsgesetz, die richtigen Schlüsse gezogen. Daran könnte man sich ein Beispiel nehmen."

Leise Kritik von Merkel

Köhler hatte vergangene Woche das Verbraucherinformationsgesetz wegen verfassungsrechtlicher Bedenken nicht unterzeichnet wie zuvor das Gesetz zur Privatisierung der Flugsicherung. Rau hatte das Zuwanderungsgesetz 2002 unterschrieben, aber auch das Zustandekommen kritisiert und eine Prüfung des Bundesverfassungsgerichtes befürwortet. Karlsruhe stoppte dann das Gesetz.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte bereits am Montag in der ARD-Sendung "Beckmann" betont, die Regierung respektiere die Entscheidung von Köhler zum Verbraucherinformationsgesetz. Allerdings stellte Merkel auch klar, dass sich auf Regierungsseite "viele Juristen" mit der Sache befasst hätten. Am Dienstag waren führende Politiker der Unions-Fraktion auf Distanz zu Köhler gegangen.

Liberale nehmen Köhler in Schutz

Köhler war als Kandidat von Union und FDP zum Bundespräsidenten gewählt worden. Die Liberalen nahmen Köhler in Schutz. FDP-Fraktionsgeschäftsführer Jörg van Essen und FDP-Generalsekretär Dirk Niebel nannten die Kritik am Bundespräsidenten "unsäglich". Niebel sagte: "Bei dem handwerklichen Pfusch, den die Bundesregierung abliefert, ist es ein Glücksfall, dass wir einen politischen Bundespräsidenten als Kontrollinstanz haben."

Ähnlich äußerten sich die Grünen. Deren Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck sagte, Kritik an Köhler verbiete sich. Schließlich sei es Aufgabe des Bundespräsidenten, offenkundig verfassungswidrige Gesetze nicht zu unterschreiben. (Von Stefan Uhlmann, ddp)

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