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Wer mit wem und wie lange? Das ist die Frage.

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Koalitionen in Deutschland: Der Kleine ist der Dumme

Was macht die Macht mit dem, der sie nicht hat? Der kleinere Koalitionär wird immer noch kleiner. Das erweist sich im Bund – und in vielen Bundesländern. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Wenn in Deutschland ein richtiger Machtpolitiker ans Werk ginge – ja, da könnte das Land was erleben. Also gemeint ist ein Machtpolitiker vom Schlage Benjamin Netanjahus in Israel. Einer ohne Skrupel, geradezu brutal in der Wahl seiner Mittel, um sich in der Regierung zu halten und in ihr durchzusetzen, was er sich vorgenommen hat. Wie man ja gerade in Israel gut sehen kann an der Art, wie der Premierminister seine Regierung erweitert, Versprechungen macht, um die Macht nur ja nicht zu verlieren.

Aber so einen gibt es in Deutschland nicht. Und das vorab, um jedes Missverständnis zu vermeiden: Gottlob ist das so. Die stabile Politikversorgung in unserer Demokratie ist doch schon ein hoher Wert. Und die Art, in der hier regiert, kooperiert, konsentiert wird, schließt im Wesentlichen unliebsame Überraschungen aus.

Denn gäbe es einen solchen Machtpolitiker – gäbe es diese große Koalition im Bund nicht mehr. Wie so vieles hat sich auch die Tektonik des Politischen verändert, alte Gewissheiten gelten nicht mehr. Zum Beispiel die, dass der Zweite von heute der Erste von morgen ist, will sagen: dass der Ko-Partner in der Koalition die nächste nach der Wahl anführen kann oder wird. Eher zeigt sich das Gegenteil. Der kleinere Koalitionär wird immer noch kleiner. Das erweist sich im Bund – und in vielen Bundesländern.

Ein bisschen so ist es auch bei der Linken

Wie die SPD, der erste, eklatanteste Fall unter mehreren, in Baden-Württemberg oder Sachsen-Anhalt abgeschnitten hat, trotz guter Leistungen! Oder wie die SPD im Bund dasteht, obwohl sie doch nun wirklich liefert! Ein bisschen so ist es auch bei der Linken, wenn man sich ihre aktuelle Lage in Brandenburg anschaut; aber das nur am Rande.

Die CDU wird das jetzt als Nächste erleben, auch in Baden-Württemberg. Frei nach Kennedy: Auch der zweite Sieger ist ein Verlierer. Was Macht macht: Wer die Macht hat, auf den konzentriert sie sich auch, mindestens in der öffentlichen Wahrnehmung. Die Erfolge einer Koalition gehen in erster Linie mit dem heim, der die Macht ausübt oder vermeintlich ausübt, weil er der Regierungschef ist. Wie man einerseits an der ewigen Angela Merkel sieht, andererseits an Winfried Kretschmann.

Ja, und wer diese Macht auf sich vereinen wollte, der müsste sie an sich ziehen, ach was, reißen. Heißt: Sigmar Gabriel (oder ein anderer führender Sozialdemokrat) könnte bereits Bundeskanzler sein, wenn er zu einem früheren Zeitpunkt als jetzt mit Linken und Grünen gesprochen und Vereinbarungen getroffen hätte. Wenn er Versprechungen für den Eintritt in seine Regierung in dieser laufenden Legislaturperiode gemacht hätte. Wenn er nicht ein so regierungstreuer Sozialdemokrat wäre.

Von wegen vaterlandslose Gesellen – schon gar die Sozialdemokraten sollen „an-ständig“ sein, wie es der alte Heroe Helmut Schmidt immer gesagt hat. Eine Alternative gibt es nicht für den, der so bleiben will. Erst das Land, dann die Partei: wohl denen, die solche Regierungspolitiker haben.

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