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Koalitionsgerangel: Hessische Farbenspiele

Schwarz umwirbt Grün, Schwarz umwirbt Rot, Rot umwirbt Gelb, Grün umwirbt niemanden.

Von Robert Birnbaum

Berlin/Wiesbaden - Es gibt nicht vieles, wofür Roland Koch im Moment auf parteienübergreifende Zustimmung rechnen kann. Aber der Satz: „Wir sind im Augenblick ganz offenkundig in einer schwierigen Situation in diesem Bundesland“, sichert ihm in Wiesbaden allseits Kopfnicken. Auf den ersten Blick hat sich an dieser Situation am Donnerstag wenig geändert. Koch hat vorgestellt, was seiner CDU-Fraktion in einer mehrtägigen Klausur im nordhessischen Bad Wildungen eingefallen ist. Die FDP hat den Lockbrief der SPD-Kandidatin Andrea Ypsilanti beantwortet. Die SPD hat auf die Antwort geantwortet. Die Grünen haben auf alle gleichzeitig geantwortet. Nimmt man alle beim vordergründigsten Wort, bewegt sich nichts. Aber womöglich ist in Hessen vier Wochen nach der Landtagswahl die Zeit reif dafür, auch mal zwischen den Zeilen zu lesen.

Zunächst zum Vordergrund. Koch und seine Fraktion haben sich in ihrer „Bad Wildunger Erklärung“ zu Fehlern in der Regierungspolitik wie im Wahlkampf bekannt, in einigen Punkten Besserung versprochen – und ganz offen den Grünen Avancen für ein Jamaikabündnis gemacht, gemeinsam mit dem Lieblingspartner FDP. Bei der Ökopartei seien derzeit im Licht der Landespolitik „pragmatischere Ansätze“ zu erkennen als bei der SPD, mit der man gleichwohl ebenfalls im Gespräch bleiben wolle, zitiert Koch den einstimmigen Beschluss. Und er nennt zwei konkrete Punkte, an denen die CDU zur Selbstkorrektur bereit sei: In der Schulpolitik, bei Studiengebühren und in der Energiepolitik. Gewiss, beim Umgang mit der Atomkraft trennten beide Parteien Welten. Aber das, sagt Koch, sei letztlich keine Frage von Landespolitik. Hingegen sei beim Aufbau einer „Energiewirtschaft mit erneuerbaren Energien mit Augenmaß“ vieles möglich.

Übrigens, betont Koch, sei auch eine große Koalition weiter denkbar – wenn Ypsilanti bereit sei anzuerkennen, dass trotz bitterer Verluste die CDU die Wahl gewonnen habe und nicht die SPD. Die inhaltlichen Zugeständnisse, die die Hessen-CDU in Aussicht stellt, würden zu einem solchen Bündnis ja auch genau so passen. Nun steht Beweglichkeit bei Inhalten allerdings einer Regierungsbildung in Hessen viel weniger im Weg als Personenfragen – mit Koch, das haben SPD und Grüne erklärt, sei schon gleich gar nichts möglich. CDU-Fraktionschef Christean Wagner hat umgekehrt bekräftigt, „dass eine CDU-Regierung nur mit Roland Koch denkbar ist“. In der „Wildunger Erklärung“ allerdings steht zwar ebenfalls viel davon, dass die CDU hinter ihrem Parteivorsitzenden Koch steht – doch ausgerechnet das Wort „Ministerpräsident“ kommt nicht vor. Ob das ein Redaktionsversehen ist oder ein Fingerzeig für später einmal – schwer zu sagen.

FDP-Chef Jörg-Uwe Hahn klingt bei ersten Hinhören noch viel eindeutiger als Koch. „Das Gelb in einer Ampel in Hessen wird es nicht geben!“ donnert Hahn als Antwort auf Ypsilantis letztes Werbeschreiben an die Liberalen. Das SPD-Angebot sei ein „linkes Programm“ nach dem Motto „Vogel friss oder stirb“; die FDP werde weder dies noch das tun.

Legt man das auf die Goldwaage, ist es eine endgültige Absage. Doch klingen auch in Hahns Stellungnahme andere Töne an. „Uns ist in keinem Punkt die Hand gereicht worden“, beschwert er sich zum Beispiel. „Wer verhandeln will, muss inhaltliche Brücken bauen.“ Das kann man als Begründung für das Nein deuten – aber auch als guten Ratschlag für den nächsten Anlauf. SPD-Landesgeneralsekretär Norbert Schmitt scheint das jedenfalls so gedeutet haben zu wollen – die SPD, sagt Schmitt, gebe die Hoffnung auf eine Neubesinnung bei der FDP nicht auf. „Den Führungsanspruch hat der, der ihn realisieren kann“, sagt Schmitt. Ob Ypsilanti ihn im Zweifel mit der Linken realisiert? Das sei noch nicht entschieden.

Bleiben die Grünen. Die haben Kochs und Hahns Werben noch einmal eine Absage erteilt und Ypsilanti Gespräche über eine rot-grüne Minderheitsregierung angeboten. Bei ihnen ist zwischen den Zeilen also derzeit nichts zu lesen.

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