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Angela Merkel, Horst Seehofer (M) und Sigmar Gabriel.

© dpa

Koalitionsgipfel im Kanzleramt: Hurra, wir regieren noch!

Der Koalitionsgipfel ist eigentlich Alltagsgeschäft. Doch nach den Streitigkeiten ist das Auftreten von CDU/CSU und SPD jetzt besonders wichtig. Ein Kommentar.

Von Robert Birnbaum

Sie haben sich getroffen. Sie haben zu nachtschlafener Zeit sechs Stunden lang miteinander geredet. Sie haben etwas vereinbart, was demnächst im Kabinett verabschiedet und dann im Parlament behandelt wird. Es ist also weiter nichts passiert als das, wofür Politik da ist oder besser, da sein sollte- Alltagsgeschäft eben. Aber weil es mit dem Alltag in letzter Zeit nicht weit her war in der großen Koalition, wird dieser banale Ablauf Anlass für einen großen Auftritt. An diesem Donnerstag zur Mittagszeit werden Angela Merkel, Horst Seehofer und Sigmar Gabriel höchstselbst im Kanzleramt die Ergebnisse des nächtlichen Koalitionsgesprächs verkünden, obendrein flankiert von drei Fachministern.

Die ungewöhnliche Inszenierung verrät viel über den Zustand des Regierungsbündnisses. Normalerweise sickern nach Koalitionsrunden dürre Ergebnispapiere durch, höchstens dass der CSU-Chef zum Gespräch einlädt, um zu verkünden, dass er „sehr zufrieden“, „höchst zufrieden“ oder so was in der Art sei. Die anderen beiden lassen ihm den Spaß – ja Gottchen, wenn er’s halt braucht ...

Der Dazwischenbrüller

Diesmal brauchen es alle drei. Merkel ist seit Monaten praktisch nur noch als  Flüchtlingskanzlerin wahrgenommen worden, Seehofer als Dazwischenbrüller vom Spielfeldrand und Gabriel, wenn überhaupt, als Verkörperung der SPD- Krise. Dass das Trio die Regierungskoalition eines der wichtigsten Industrieländer bildet, geriet fast in Vergessenheit. Zum Glück für die Beteiligten, muss man wohl sagen, sonst wäre den Bürgern noch mehr aufgefallen, welches kleine Karo da gestrickt wurde mit Blockaden und taktisch motivierten Veto-Sprüchen vor allem aus Bayern.

Spätestens die Ergebnisse der Landtagswahlen haben allen vor Augen geführt: Nicht regieren ist auch keine Alternative. Der  wenig überraschende Einbruch der CDU in der Flüchtlingskrise nützt der SPD nicht und bedroht die CSU. Die Vernunft treibt sie jetzt wieder zusammen, und damit es jeder mitkriegt, vor die Kameras. Auf was sie sich geeinigt haben, wird da fast egal –  statt des Inhalts wird die Botschaft zur Botschaft: Hurra, wir regieren!

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