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Koalitionskrach: Vom "Wegducken" und "Hinbräseln"

Der hessische Ministerpräsident Roland Koch hat den Vorwurf des Neoliberalismus von SPD-Chef Kurt Beck zurückgewiesen. Becks Vorwurf sei "ein Ausdruck der Hilflosigkeit".

Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) hat den Vorwurf des Neoliberalismus von SPD-Chef Kurt Beck zurückgewiesen. "Becks Vorwurf ist ein Ausdruck der Hilflosigkeit", sagte Koch der Tageszeitung "Die Welt". Der Vorstoß von Beck sei ein weiterer Versuch, "in seiner Partei Truppen beisammenzuhalten, indem man ihnen Parolen zuruft, die in den eigenen Reihen Anklang finden sollen". Koch hob hervor: "Derzeit verlassen junge SPD-Funktionäre die Partei in Richtung Linkspartei. Es rächt sich immer mehr, dass die SPD nicht klar genug die Grenzen nach links gezogen hat."

Der hessische Regierungschef verteidigte zugleich die Arbeit der großen Koalition in Berlin und sprach sich für eine Fortsetzung des Bündnisses aus. "CDU und SPD dürfen die Koalition im Moment nicht zur Disposition stellen", mahnte Koch. "Die Ergebnisse der Regierung können sich bei aller Reduziertheit auf kleine Schritte durchaus sehen lassen", sagte er.

Bosbach: Sozialdemokraten werden nervös

Unionsfraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) wandte sich gegen einen Dauerwahlkampf. "Das letzte, was wir jetzt brauchen, ist ein zweijähriger Dauerwahlkampf", sagte Bosbach der "Passauer Neuen Presse". Er sprach von zunehmender Nervosität bei den Sozialdemokraten. "Wenn die SPD jetzt die soziale Karte spielt, hilft sie vor allem der Linkspartei. Die alten Lieder kann die Linkspartei besser singen", hob Bosbach hervor. Mit Verweis auf die Landtagswahlen im kommenden Jahr sagte er zudem: "Alle in Deutschland haben was vom Aufschwung, nur nicht die SPD."

Der SPD-Vorsitzende Beck hatte am Wochenende scharfe Kritik am Berliner Koalitionspartner geübt. Der Union warf er zunehmenden "Neoliberalismus" und ein "Wegducken vor den sozialen Herausforderungen unserer Zeit" vor. Elementare Spielregeln der sozialen Marktwirtschaft lösten sich auf.

Schreiner sieht große Koalition gefährdet

Der SPD-Linke Ottmar Schreiner sieht unterdessen die Legitimation der großen Koalition in Gefahr. "Eine große Koalition, die nicht mehr handlungsfähig ist und nur vor sich hinbräselt, macht keinen Sinn mehr", sagte der Vorsitzende des SPD-Arbeitnehmerflügels im ARD-"Morgenmagazin". Sozialdemokraten und Union seien gefordert, die Aufgaben noch einmal sehr klar zu benennen und "entsprechende Ergebnisse" zu liefern, sagte er auch mit Blick auf die Debatte um einen gesetzlichen Mindestlohn. "Wenn das nicht möglich sein sollte, dann hat die große Koalition ihre Funktion verspielt", sagte Schreiner.

Der SPD-Linke unterstützte die Kritik seines Parteivorsitzenden Beck am Koalitionspartner und sprach von einem "guten Vorstoß". Schreiner äußerte aber auch Selbstkritik. Die Umfragedaten der SPD fielen seit geraumer Zeit schlecht aus. Offenkundig gelinge es nicht ausreichend, eigene Inhalte zu formulieren und in der Koalition auch durchzusetzen.

Schreiner schloss erneut eine Koalition der SPD mit der zukünftigen Partei Die Linke nicht aus. Für Demokraten solle jede demokratische Partei koalitionsfähig sein, sagte er. Dies gelte ausdrücklich auch für die Linkspartei. (mit AFP/ddp)

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