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Einer der großen Akteure im kleinen Drama: Martin Schulz, SPD.

© AFP

Koalitionsverhandlungen: Jetzt mal Schluss mit dem Groko-Theater

Sie zetern und schreien, als führten sie ein Drama auf. Tun sie gar nicht. Also Vorhang zu und anständig regieren – und zwar rasch. Oder die Bürger nehmen übel. Ein Kommentar. 

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Ist das ein Theater. Man könnte auch auf die Idee kommen, zu sagen: Schmierentheater. Da tagen also die Koalitionäre, die mutmaßlichen, tun so, als schlügen sie sich die Köpfe ein – und denken doch tatsächlich, dass die Menschen draußen im Lande, ihre Wähler, Sympathisanten, Mitglieder das alles für wahr halten? Besser nicht, denn das hochverehrte Publikum ist gar nicht so dumm.

Alle wissen schon noch, wie die Damen und Herren vorher geredet haben. Zum Beispiel SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles. Die will doch verhandeln, bis es quietscht. Na, dann muss es ja wohl auch quietschen, damit man ihr die Ernsthaftigkeit abnimmt. Oder zumindest die SPD in ihrer Mehrheit, um dann beim Mitgliederentscheid entsprechend beeindruckt abzustimmen: pro Groko.

Was für viele Genossen durchaus schwierig ist, weil es ihnen „contre coeur“ geht. Das Herz schlägt links – der Satz immerhin ist der SPD von Oskar Lafontaine geblieben. Abgesehen davon, dass das Herz medizinisch gesehen in der Mitte schlägt – politisch ist das längst anerkannt. Die Frage bleibt bloß, ob die Sozialdemokraten diese Wirklichkeit annehmen oder nicht.

Für die lächerliche Zahl von 1000 Flüchtlingen die Koalition riskieren?

Aber zurück zur ersten sogenannten Einigung, der über den Familiennachzug bei Flüchtlingen. Ja, hat denn im Ernst irgendeiner angenommen, Union und SPD würden sich darüber zerstreiten? Würden für die lächerliche Zahl von 1000 Flüchtlingen im Monat eine Koalitionsoption riskieren? Zumal alle Kommunal- und Landespolitiker der SPD heilfroh sei werden, dass sich die Unionsparteien im Wesentlichen durchsetzen mit ihren Plänen.

Von vielen SPD-Wählern, den ganz normalen, darunter die sogenannten kleinen Leute, hier jetzt auch einmal zu reden. Denn die haben bekanntermaßen längst andere Sorgen – und wollen, dass ihnen die genommen werden. Wie bei der sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverhältnissen. Wenn es altersmäßig nicht mehr sie selbst betrifft, so denkt er oder sie doch an Kinder oder Enkel. Wo wir gerade dabei sind: die Rente! Da geht es um Stabilität und auch um Angleichung zwischen Ost und West und Ost. Hier noch etwas zu tun, würde sicher mehr Beifall und mehr Stimmen bei der Befragung der Mitglieder und Gremien bringen.

Keine Seite kann sich Neuwahlen leisten

Die Vorhersage ist allerdings nicht zu gewagt, dass es bis dahin so weitergehen wird: Die Unterhändler von Union und SPD werden raunen – und zwitschern –, dass diese Koalition noch längst nicht sicher sei. Dann werden sie bedenklich die Köpfe wiegen, um sich vermeintlich heldenhaft wieder ins Getümmel zu stürzen. Dabei ist es so, wenn sie ehrlich sind: Keine Seite kann sich Neuwahlen leisten, auch die CDU/CSU nicht. So verrückt kann angesichts der zu erwartenden Wahlergebnisse niemand sein. Und eine Minderheitsregierung ist Vabanque. Nicht dass noch ein Kandidat oder eine Kandidatin im zweiten oder dritten, vierten Wahlgang im Parlament gegen Angela Merkel antritt…

Nein, das Publikum ist nicht dumm. Es nähme übel. Womit wollten SPD und die Union denn werben auf den Plakaten? „Jetzt wollen wir das, was wir hätten haben können“? Nein, die Bevölkerung will, dass jetzt endlich anständig weiter regiert wird. Ohne großes Theater.

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