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Politik: Koalitionsverhandlungen NRW: Alles hängt an der Grünen Bärbel Höhn - sie müsste ein Tauschgeschäft eingehen

Wolfgang Clement blickte etwas gequält. Dieses Mal traf seine Missachtung allerdings nicht Bärbel Höhn, sondern die Parteifreundin Ilse Brusis.

Wolfgang Clement blickte etwas gequält. Dieses Mal traf seine Missachtung allerdings nicht Bärbel Höhn, sondern die Parteifreundin Ilse Brusis. Obwohl die Koalitionsverhandlungen an diesem Dienstag eigentlich keine Zeit für anderes ließen, versammelte Wolfgang Clement noch einmal seine alte Ministerriege zu der allwöchentlichen Pflichtsitzung.

Ausgerechnet Ilse Brusis hatte einen Punkt auf die Tagesordnung setzen lassen, den man früher schon einmal vertagt hat. Die Städtebauministerin wollte eine eigene Entwicklungsgesellschaft für die Zeche Zollverein in Essen. Sie blitzte mit ihrem Wunsch ab, denn niemand war bereit, die Kosten für ein solches Projekt zu bewilligen, zumal man sich in den Koalitionsverhandlungen auf strikte Haushaltsdisziplin verständigt hatte. Den ganzen Vormittag hatten die Haushälter wieder zusammengesessen und die Wünsche der Parteifreunde abgeschmettert. Besonders freundlich war es dabei nicht zugegangen; die Frontlinie verlief allerdings nicht entlang der Parteilinie, es war ein Kampf der Haushälter gegen den Rest der Welt.

Während die Finanzgespräche liefen, trafen sich die Matadore in unterschiedlichen Runden und es war lange Zeit unklar, ob Rote und Grüne am Ende zusammenfinden würden. "Wir sind wieder da, wo wir vor zwei Wochen auch schon einmal waren", analysierte einer der Unterhändler. Obwohl bei Straßen und Flughäfen jeweils Kompromisslinien ausgearbeitet worden sind, war unklar, ob das Ergebnis reichen würde. "Vieles hängt davon ab, ob Bärbel Höhn jetzt springt", sagte einer aus dem grünen Lager und zog dabei die Stirn in Falten. Die Umweltministerin, die das grüne Herz auf Parteitagen höher schlagen lässt, hatte sich bis dahin noch nicht entschieden.

Nur langsam sickerten die Einzelheiten der Gespräche durch. Wolfgang Clement hatte dafür seine Pläne geändert und seine Frau zunächst alleine zu einen wichtigen Empfang in der Kölner Flora anlässlich des Medienforums ziehen lassen. Nach den Sachfragen hatte Clement den Grünen in aller Ruhe seine Pläne für eine Kabinettsreform erläutert und dabei erwähnt, dass Bärbel Höhns Umweltministerium umgebaut werden soll. "Sie werden etwas verlieren und anderes bekommen", hatte Clement wiederholt.

Etwas überrascht waren die anwesenden Sozialdemokraten, dass offensichtlich ein Teil der grünen Verhandlungskommission bis zu diesem Zeitpunkt seine Pläne nicht kannte; obwohl er sie Bärbel Höhn im Kern schon vor zwei Wochen offenbart hat. Die Raumplanung will Clement wieder in der Staatskanzlei ansiedeln. "Das ist eine klassische Querschnittaufgabe", argumentiert Clement, der natürlich längst weiß, dass dies jenseits des sachlichen Gehaltes zu einer Symbolfrage geworden ist.

Erst im Laufe des Dienstags merken etliche Grüne, dass der Regierungschef seiner Umweltministerin längst erstaunliche Angebote zur Kompensation gemacht hat. Der Wirtschaftsminister würde demnach seine Zuständigkeit für die Verbraucherzentrale verlieren und Bärbel Höhn hätte damit ein öffentlichkeitswirksames neues Standbein. Außerdem ist man bereit, ihr die Verantwortung für die "Eine Welt Politik" aus der Staatskanzlei zu übertragen.

Für höchste Verärgerung auf allen Seiten hat allerdings die Verhandlungsstrategie von Bärbel Höhn gesorgt. Schon seit Tagen redet sie - auch mit Sozialdemokraten - offen über die Bereitschaft, auf die Landesplanung zu verzichten, wenn sie stellvertretende Ministerpräsidentin werde. Als Wolfgang Clement das auch noch in der Zeitung las, explodierte er. Betroffen reagierte auch Michael Vesper, der diesen Titel in den vergangenen fünf Jahren führte. "So ist sie die Bärbel, sie denkt vor allem an sich", urteilte einer aus der grünen Riege und meldete Zweifel an, ob sie mit einer solchen Strategie grüne Parteitage zu Beifallsstürmen würde hinreissen können.

Dabei hängt vieles von ihrem Votum ab. "Nur Bärbel Höhn zieht uns über die Hürde", weiß einer aus der grünen Runde. Inhaltlich hat man allerdings selbst beim Lärmschutz an den Flughäfen einiges erreicht und neben den 3,3 Milliarden für Bus und Bahnen wirken die 150 Millionen Mark für den Straßenbau eher wie ein Trinkgeld. Und was passiert, wenn Bärbel Höhn nicht springt? Jürgen Möllemann hat sein Bundestagsmandat niedergelegt. Wolfgang Clement hat ihm versprochen, in dem Fall sofort anzurufen.

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