zum Hauptinhalt

Koalitionsverhandlungen und Profilierungssucht: Schweigen ist Silber

Volksentscheid, Maut, Homo-Ehe: Aus den Arbeitsgruppen werden angebliche Durchbrüche gemeldet oder auch handfeste Kräche zwischen den Parteien. Geht es um die Sache oder ums Profil?

Von Hans Monath

Die SPD-Generalsekretärin gibt sich ahnungslos. „Ich weiß nicht, ob die CDU und die CSU wirklich dieselbe Position vertreten“, erklärt Andrea Nahles. Im gleichen Atemzug bestätigt die SPD-Politikerin am Dienstag Berichte, wonach ihre Partei einer Abmachung mit der Union über Volksentscheide auch auf dem sensiblen Feld der Europapolitik prinzipiell zugeneigt sei. Zuvor hatte die CSU dafür gesorgt, dass die Meldung über eine angebliche Einigung von Union und SPD über Plebiszite zu EU-Entscheidungen hohe Wellen schlug. Später machten CDU-Fachpolitiker deutlich, dass sie die CSU-Ideen nicht teilten.

Dieser bayerische Alleingang war freilich nicht der erste. In mehreren Arbeitsgruppen der Koalition und auch auf Pressekonferenzen danach vertraten CSU-Politiker zum Thema Europa ausschließlich die Position ihrer bayerischen Partei – und nicht die der gesamten Union. Die CSU rüstet sich erkennbar schon für die Europawahl im Mai 2014. Sie will sich mit populären Forderungen gegen die Euro-Gegner von der AfD wappnen.

Die SPD freut sich über den Zwist. Genüsslich berichten Sozialdemokraten, wie Merkel sich vergangene Woche in der großen Runde von der Forderung des bayerischen Finanzministers Markus Söder (CSU) nach dem Rausschmiss von Staaten aus der Euro-Zone distanziert hatte: Es gebe da „Nuancen“ in der Union.

Aber Profilierungssucht ist kein bayerisch-christsoziales Privileg. Auch aufseiten der SPD machen Politiker von sich reden, denen es wohl nicht nur um die Sache geht. Manuela Schwesig, SPD-Verhandlungsführerin der Arbeitsgruppe Familienpolitik, trat am Montagabend einen Eklat los, als sie der Union grundsätzlich den Einigungswillen absprach. Die SPD bestritt später, dass Schwesig die große Koalition insgesamt infrage gestellt habe – aber dass man sich geärgert habe über das „antiquierte Familienbild“ der Union, das sei richtig. Nun ist dieses Familienbild keine Neuigkeit. Der Nachweis energischen Auftretens kann Schwesig aber nutzen, wenn sie am Freitag auf dem Parteitag in Leipzig als Parteivize wiedergewählt werden will. Generalsekretärin Nahles versichert zwar, das sei „kein Theaterdonner“ gewesen, es gehe um „ernste Konflikte“; aber das muss ja kein Widerspruch sein.

Dem Fortschritt der Arbeit schadet der Ausbruch offenbar nicht. In der Arbeitsgruppe, so hieß es am Dienstag, sei die Stimmung nun „sachlich und konstruktiv“. Dafür nahm sich der nächste Sozialdemokrat ein Vorbild: Mit der Begründung, dass die Union nicht über die Ausweitung der Lkw-Maut diskutieren wolle, ließ der SPD-Verhandlungsführer Florian Pronold am Dienstag die Sitzung der Verkehrs-AG platzen. Hans Monath

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false