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Es wird weiter koalitionsverhandelt - und die schwierigen Punkte kommen erst noch.

© dpa

Koalitionsverhandlungen: Union und SPD schlittern auf Steuerstreit zu

Union und SPD haben sich vorgenommen, spätestens ab 2015 keine neue Schulden zu machen. Das bedeutet, dass jede zusätzliche Ausgabe, auf die sie sich in ihren Gesprächen einigen, gegenfinanziert sein muss. Auch wenn Union und SPD noch drumherum reden - der Streit um Steuererhöhungen ist fast unausweichlich.

Von Antje Sirleschtov

„Alle Maßnahmen stehen unter Finanzierungsvorbehalt.“ So steht es auf Seite 77 des Koalitionsvertrages, den CDU, CSU und SPD im Herbst 2005 zur Bildung der ersten großen Koalition in diesem Jahrtausend abgeschlossen haben. Und damals wie heute liefen die Verhandlungen für den Vertrag nach einem ähnlichen Muster ab: Zunächst wurde ausgelotet, wo die Partner ähnliche Ziele verfolgen, dann wurden Themen ohne große Kontroversen behandelt. Zum Schluss kam das, was trennte und das, was Geld kostet.

Auch jetzt wieder wollen sich die künftigen Regierungspartner das Geldausgeben bis zum Schluss aufheben. Der Grund ist schlicht: Union und SPD haben sich vorgenommen, spätestens ab 2015 keine neuen Schulden mehr zu machen, um den Bundeshaushalt zu finanzieren. Bei nur wenig ansteigenden Steuereinnahmen heißt das praktisch: Jede zusätzliche Ausgabe, die in den Arbeitsgruppen beschlossen wird, von der Wiedereinführung des Heizkostenzuschusses für Kleinverdiener bis zum Ausbau des Breitbandkabels, muss durch das Nutzen von Zusatzeinnahmen aus dem Wirtschaftswachstum, Sparen an anderer Stelle oder durch den Abbau von Subventionen finanziert werden. Oder aber doch durch Steuererhöhungen, wie sie die SPD für richtig hält.

Der Spielraum, den das Wirtschaftswachstum liefert, wird eher begrenzt sein. An diesem Donnerstag werden die Steuerschätzer ihre Prognosen für die nächsten Jahre abgeben. Dabei wird zwar kurzfristig auch für den Bund mit steigenden Einnahmen gerechnet. Aber im Laufe der Legislaturperiode wird das „Plus“ schmaler werden. Auf Dauer, sagt der SPD-Finanzexperte Joachim Poß, werde die Union von ihrer Festlegung, die Steuern nicht zu erhöhen, Abstand nehmen müssen. Die „ideologisch überhöhte Ablehnung“, meint der Sozialdemokrat, werde sonst notwendige Investitionen verhindern.

Wie in einem Brennglas sind die Differenzen der Koalitionäre bereits seit zwei Wochen in der von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und dem SPD-Bürgermeister Olaf Scholz geführten Arbeitsgruppe Finanzen/Haushalt zu besichtigen. Dreimal hat die Arbeitsgruppe getagt. Dreimal sind keine Beschlüsse gefasst worden. Weil jeder Beschluss finanzrelevant wäre, tauschten die Teilnehmer der Runde bislang nur ihre Positionen zu den einzelnen Ausgabe- und Einnahmearten aus.

Nicht einmal über den Abbau von steuerlichen Subventionen konnten die Finanzpolitiker offenbar grundsätzliche Einigkeit erzielen. Anders als noch 2005, als die Finanzexperten der Parteien, Peer Steinbrück (SPD) und Roland Koch (CDU), einen gemeinsam Plan zum Abbau von Subventionen vorbereiteten, lehnten die Unterhändler der Union in der Arbeitsgruppe die Forderungen der SPD zum Abbau von Steuersubventionen mit der Begründung ab, Subventionsabbau würde bei den Betroffenen wie eine Anhebung der Steuern wirken – und das hatte die Union im Wahlkampf ja ausgeschlossen. Dass die Hotel- und Übernachtungsbranche damit rechnen muss, die heftig umstrittene Kürzung der Umsatzsteuer auf Übernachtungen, die Schwarz-Gelb vor vier Jahren beschlossen hat, nun wieder hergeben zu müssen, ist also nicht zu erwarten. Und auch unternehmensfreundlichere Regelungen bei der Berechnung der Körperschaftsteuer für Aktiengesellschaften werden wohl nicht angetastet.

Von einem „Kraftakt“ hat SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles gesprochen und CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe vom „Bohren dicker Bretter“, wenn in den nächsten Wochen alle Ausgabenwünsche, auf die sich die Facharbeitsgruppen geeinigt haben, auf einer Liste zusammengetragen werden. Denn die Liste wird in der Spalte „Ausgaben“ lang werden, bei „Einnahmen“ wird kaum etwas stehen.

Zum Schluss werden die Vorsitzenden der Parteien über mögliche neue Einnahmequellen entscheiden müssen. Denn bereits vor den Verhandlungen hatte die SPD abgelehnt, dass im Koalitionsvertrag wieder steht: „Alle Maßnahmen stehen unter Finanzierungsvorbehalt.“

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