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Giorgio Napolitano kandidiert für eine zweite Amtszeit als italienischer Präsident.

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Update

"König Giorgio" soll Italien retten: Napolitano als Staatschef wiedergewählt

Italiens Staatspräsident Giorgio Napolitano ist wiedergewählt. Er trat in der sechsten Runde der Präsidentenwahl am Samstag in Rom an und erreichte die notwendige Mehrheit. Damit kann Napolitano das Parlament auflösen und den Weg für Neuwahlen ebnen.

Italiens neuer Staatspräsident ist der alte: Giorgio Napolitano hat sich zur Wiederwahl drängen lassen. Von den tausend Abgeordneten beider Parlamentskammern und der 20 Regionen erhielt der fast 88-Jährige, der vor sieben Jahren zum ersten Mal gewählt wurde, am Samstag 738 Stimmen. Er ist das erste italienische Staatsoberhaupt mit einer zweiten Amtszeit.

Seit Donnerstagmorgen waren fünf Wahlgänge ohne Ergebnis geblieben. Am späten Samstagvormittag pilgerten dann die Chefs aller Parlamentsparteien nacheinander zum Quirinalspalast, dem Sitz des Staatspräsidenten. Obwohl Napolitano seit Wochen erklärt hatte, er stehe keinesfalls für eine Wiederwahl zur Verfügung und lasse sich nicht namens moralischer Pflichten drängen, sagte er am Ende, er wolle sich „der Verantwortung für die Nation nicht entziehen“.

Nur das Bündnis SEL des linken Ministerpräsidenten von Apulien, Nichi Vendola, und die „Fünf-Sterne-Bewegung“Beppe Grillos hielten bis zuletzt an Grillos Kandidaten fest, dem Jura-Professor und ehemaligen obersten Datenschützer des Landes, Stefano Rodotà. Der 80-jährige Rodotà war nach Angaben der „Fünf Sterne“ per Internet-Abstimmung Kandidat geworden.

Grillo sprach am Samstag von einem „Staatsstreich der Parteien“ und kündigte einen „Marsch auf Rom“ an. Rodotà zeigte sich enttäuscht von Italiens politischer Klasse, sagte aber, bei aller harten Kritik an Entscheidungen des Parlaments sei davon auszugehen, dass sie „verfassungsrechtlich und demokratisch legitim“ seien.

Die relativ stärkste Kraft im Parlament, die Partei der italienischen Sozialdemokraten (PD), ist in den Chaos-Tagen dieser Wahl praktisch zerfallen. Parteichef Bersani kündigte am Freitag seinen Rücktritt an, nachdem zwei seiner Kandidaten nicht die ganze Partei hinter sich gebracht hatten. Zunächst war der mit Silvio Berlusconi abgesprochene Konsenskandidat Franco Marini durchgefallen, danach präsentierte Bersani ein Kontrastprogramm: Berlusconis Erzfeind, den PD-Mitgründer, früheren EU-Kommissionspräsidenten und Ex-Premier Romani Prodi. Prodi zog sich nach einem kläglichen Ergebnis mit Vorwürfen gegen Bersani zurück; auch die PD-Ehrenpräsidentin Rosy Bindi gab ihr Amt auf. Am Samstagabend trat der gesamte Parteivorstand des PD zurück.

Die Sozialdemokraten hatten sich bis zu ihrem Kollaps an diesem Wochenende Hoffnung gemacht, die Regierung zu führen. Sie werden jetzt, zwei Monate nach der Parlamentswahl, zur Koalition mit Berlusconis PdL gezwungen sein. Napolitano hatte seine erneute Kandidatur von dieser Lösung abhängig gemacht. Es dürfte auch auf die Regierungsbildung erheblichen Einfluss nehmen – unter anderem, indem er einen Premier seiner Wahl beauftragt.

In einer Umfrage des unabhängigen Senders „Sky TG 24“ hatten sich am Samstag 78 Prozent gegen eine weitere Amtszeit von Giorgio Napolitano ausgesprochen. Die Italiener, das hatte sich schon bei der Parlamentswahl im Februar gezeigt, verlangen einen grundlegenden Wandel.

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz begrüßte die Wiederwahl Napolitanos. Er sei Napolitano dafür dankbar, dass er sich „in diesem schwierigen Moment“ dazu entschlossen habe, sagte der SPD-Politiker dem Tagesspiegel. Mit Napolitano könne die Rückkehr zur Stabilität gelingen, die nicht nur Italien, sondern ganz Europa benötige.

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