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Francinera Soares Martins und Rodrigo Rocha Titiah kamen aus Brasilien nach Paris.

© Susanne Ehlerding

Köpfe der Klimakonferenz (5): Die Hüter des Waldes

Rodrigo Rocha Titiah und Francinera Soares Martins aus Brasilien wollen, dass die Rechte der indigenen Völker in den Klimavertrag hineingeschrieben werden. Gerade erst aber wurde diese Formulierung gestrichen.

Die Welt ist ein Dorf im Konferenzzentrum von Paris. Neben Männern und Frauen im Businessanzug zieht man immer wieder auch Menschen in der Tracht ihrer Heimat durch die Hallen ziehen. Mit Federn geschmückt sind Rodrigo Rocha Titiah und Francinera Soares Martins.

Beide kommen aus Brasilien. Francinera Soares gehört zu den Baré, die am Rio Negro im Dreiländereck von Venezuela, Kolumbien und Brasilien leben. Rodrigo Rocha stammt aus dem Bundesstaat Bahia im Osten und gehört zu den Pataxó-Indianern. Sie waren einer der ersten Stämme, die Kontakt mit den portugiesischen  Eroberern hatten. Auch wenn es ein Klischee ist: Rodrigo Rocha wirkt äußerst sanftmütig, wie ein Naturkind, das niemandem etwas zuleide tun würde.

Die Verständigung mit den beiden ist schwierig. Sie sprechen nur wenig Englisch und ich kaum Spanisch. Von Portugiesisch ganz zu schweigen.

Nein zur PEC des Todes steht auf den Zetteln, die Abgeordnete eines Unterhaus-Ausschusses im brasilianischen Parlament hochhalten. Sie wurden jedoch von Parlamentariern überstimmt, die dem Agrarsektor nahestehen.
Nein zur PEC des Todes steht auf den Zetteln, die Abgeordnete eines Unterhaus-Ausschusses im brasilianischen Parlament hochhalten. Sie wurden jedoch von Parlamentariern überstimmt, die dem Agrarsektor nahestehen.

© Clarissa Presotti/WWF Brasil

Es reicht um zu begreifen, dass die Regierung in Brasilien die Rechte der indigenen Völker nicht achtet. Das sagt Francinera Soares und deutet auf ihr T-Shirt. „PEC 215 Não“ steht da, „PEC 215 Nein“. Gemeint ist die geplante Änderung der brasilianischen Verfassung. Kommt sie durch, hat demnächst der Kongress mit den einflussreichen Mitgliedern aus Landwirtschaft das letzte Wort bei der Anerkennung indigener Gebiete. Gegenwärtig liegt dies in der Hand der  FUNAI, der Behörde für die Angelegenheiten indigener Völker.

Noch ist nichts entschieden. Als nächstes steht eine Abstimmung im Unterhaus an. Wenn sie erfolgreich ist, entscheidet der brasilianische Senat endgültig. Menschenrechtsorganisationen fürchten, dass die Indigenen dann um ihr Land gebracht werden.

Indigene schützen den Wald

Gut fürs Klima wäre das nicht. Eine neue Studie, die bei der Klimakonferenz veröffentlicht wurde zeigt, dass ein Verlangsamen der Entwaldung um die Hälfte eine Milliarde Tonnen Kohlenstoff aus der Atmosphäre fernhalten könnte.

Eine weitere Studie berechnet, dass ein Fünftel allen Kohlenstoffs in tropischen Wäldern gespeichert ist, in denen Indigene leben.

Information im Bahnhof Gare du Nord während der Klimakonferenz: Die Rechte der Indigenen zu stärken hilft auch gegen den Klimawandel. Das meint die Allianz Indigener Völker, die die Anzeige geschaltet hat.
Information im Bahnhof Gare du Nord während der Klimakonferenz: Die Rechte der Indigenen zu stärken hilft auch gegen den Klimawandel. Das meint die Allianz Indigener Völker, die die Anzeige geschaltet hat.

© Susanne Ehlerding

Sie in ihren Rechten zu schützen, würde die Wahrscheinlichkeit verringern, dass die Wälder abgeholzt werden, um Weideland zu schaffen oder Palmölplantagen anzulegen. Das haben die Autoren einer dritten Studie herausgefunden, die dafür über 100 wissenschaftliche Aufsätze zum Thema zusammenfassten.

Gerade am Wochenende jedoch wurde ein wichtiger Satz aus dem Entwurf für das neue Klimaabkommen gestrichen. Vorher stand im zentralen Paragraph 2, dass das Abkommen angewandt wird, um – unter anderem – die Menschenrechte und die Rechte der indigenen Völker zu schützen. Im aktuellen Entwurf sind die Indigenen nicht mehr erwähnt.

Mit Dronen gegen Entwaldung

Einen kleinen Hoffnungsschimmer gibt es aber. Mit technischen Mitteln sollen die indigenen Völker unterstützt werden, ihren Wald zu überwachen. Auch dieses Projekt wurde bei der Klimakonferenz vorgestellt. Ausgerüstet mit Dronen, GPS, Handys und Apps sollen Gemeinschaften illegale Rodungen zu dokumentieren.

„Wir merken gerade erst, wie kostengünstig es ist, die Rechte der Indigenen zu schützen“, sagt die Wissenschaftlerin Nancy Harris vom  World Resources Institute. Und Victoria Tauli-Corpuz, UN-Berichterstatterin für die Rechte der Indigenen, sagt: „Diese neuen Werkzeuge können nicht nur das Gesetz schützen. Sondern es gibt weltweit ein wachsendes Interesse, nur in Produkte zu investieren, die eine sauber nachgewiesenen Herkunft haben.“

Rodrigo Rocha Titiah und Francinera Soares Martins sind derweil weitergezogen. Vorher haben sie mir noch einen Flyer des International Indiginous Peoples Forum on Climate Chance in die Hand gedrückt. Eine ganz große Forderung darin, die Erderwärmung unter der 1,5 Grad-Grenze zu halten. Nicht zwei Grad, wie sonst überall gefordert wird. Noch ist dieses ehrgeizige Ziel als Option im Vertrag enthalten.

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