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Politik: Kohl contra Schröder: Wem gehört die Zukunft?

BONN .Bundeskanzler Helmut Kohl und sein Herausforderer Gerhard Schröder haben sich am Donnerstag in einem scharfen Rededuell gegenseitig die Fähigkeit zur Gestaltung der Zukunft abgesprochen.

Von Robert Birnbaum

BONN .Bundeskanzler Helmut Kohl und sein Herausforderer Gerhard Schröder haben sich am Donnerstag in einem scharfen Rededuell gegenseitig die Fähigkeit zur Gestaltung der Zukunft abgesprochen.Deutschland brauche jetzt eine beständige Politik und keine Experimente, sagte Kohl im Bundestag.Die SPD spalte das Land durch "Miesmacherei".Schröder warf dem Kanzler vor, die reale Situation der Menschen nicht zur Kenntnis zu nehmen."Sie sind nicht zukunftsfähig, Herr Bundeskanzler", sagte der SPD-Kanzlerkandidat.Während Kohl eine positive Bilanz seiner 16jährigen Regierungszeit zog, nannte Schröder sie mäßig.

Kohl sagte in seiner eineinhalbstündigen Rede: "Es waren 16 gute Jahre." Deutschland habe sich weltweit Ansehen als berechenbarer Partner erworben.Dieses Vertrauen sei ein kostbares Kapital, das nicht aufs Spiel gesetzt werden dürfe.Es sei "Unsinn" zu behaupten, die CDU wolle mit den Krisen im Kosovo und in Rußland Wahlkampf machen.Kohl räumte Fehler im Prozeß der deutschen Einheit ein, betonte aber, Ostdeutschland blühe jetzt "Stück für Stück" auf.Schröder und SPD-Chef Oskar Lafontaine hielt er mangelnde Solidarität mit den Menschen in den neuen Ländern vor.

Der Kanzler bekräftigte die Auffassung, daß der Aufschwung da sei.Allen Turbulenzen zum Trotz bestehe Aussicht auf ein Wachstum nahe drei Prozent.Eine Rücknahme der Reformen der Koalition würde die positive Entwicklung zunichte machen."Alle Experimente bringen nichts."

Schröder sagte in seiner knapp einstündigen Erwiderung, Kohl habe eine "Rede über die Vergangenheit" gehalten.Niemand bestreite die Verdienste des Kanzlers bei der Herstellung der staatlichen Einheit oder der Einigung Europas.Ansonsten sei seine Bilanz aber mäßig.Die Koalition habe Ost- und Westdeutschland sozial gespalten und versuche mit ihrem Lagerwahlkampf eine weitere Spaltung.Schröder lastete Kohls Politik eine "gewaltige Gerechtigkeitslücke" an.Dies zeige sich in der Steuer- ebenso wie in der Renten- und Gesundheitspolitik."Wer diese Fehlentwicklungen zurücknimmt, blockiert keine Reformen", sagte Schröder.Der "Kanzler der Arbeitslosigkeit" sei nicht in der Lage, die gewaltigen schöpferischen Kräfte in Deutschland zu bündeln und in das nächste Jahrtausend zu führen.Es sei von einer gewissen Tragik, daß selbst die CDU nur noch darüber nachdenke, wie sie Kohl "möglichst schmerzfrei" los werde.

Sowohl Kohl als auch Schröder erhielten von ihren jeweiligen Anhängern frenetischen Beifall.Schäuble hielt Schröder anschließend eine "demagogische Neid-Rede" vor, die ihn als Vertreter einer "alten Linken" statt einer "neuen Mitte" ausweise.

Zu Beginn der Aussprache hatte SPD-Fraktionschef Scharping Kohl vorgeworfen, gegen die Interessen der Mehrheit der Menschen gehandelt und mutwillig alle Chancen auf ein Bündnis für Arbeit zerstört zu haben.Grünen-Fraktionssprecher Joschka Fischer beklagte einen Reformstau.Er warnte zugleich vor allen Versuchen, den breiten außenpolitischen Konsens durch "Krisengerede" zu gefährden.FDP-Chef Gerhardt warf Schröder Unglaubwürdigkeit und Inhaltsleere vor.CSU-Landesgruppenchef Michael Glos hielt Schröder schweres Versagen als Regierungschef in Niedersachsen vor.Der Chef der PDS-Gruppe, Gysi, warf CDU wie SPD Unverbindlichkeit vor.

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