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Politik: Kolumbien: Der Krieg, den niemand versteht - Warum die Friedensgespräche scheitern (Kommentar)

Die Bilder sind noch präsent. Renate Wallert, die deutsche Geisel - wie sie litt, wie sie freikam.

Die Bilder sind noch präsent. Renate Wallert, die deutsche Geisel - wie sie litt, wie sie freikam. Das war Jolo. Aus Kolumbien gibt es solche Bilder nicht, jedenfalls nicht in den aktuellen Nachrichtensendungen. Sie würden bald auch niemanden interessieren, denn es sind die immer gleichen, grausamen Bilder. Seit 30 Jahren. Entführung, Mord, Erpressung. Auch Freilassung, für viel Lösegeld. Das ist Alltag in Kolumbien. Denn es herrscht Bürgerkrieg. Es ist ein Krieg, den niemand versteht, ein Krieg der Armen, aber auch ein Krieg der Drogenkartelle und der korrupten Militärs. Ein Krieg jedenfalls, in dem bislang 120 000 Menschen starben. Und es werden mehr.

In Kolumbien heißt die "Guerilla" nicht "Abu Sayyaf" oder "Milf", sondern "Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia" (Farc) und "Ejército de Liberación Nacional" (ELN). Einst sagte die Guerilla, sie kämpfe für Freiheit, für eine humanere und sozial gerechtere Gesellschaft. Diese Gesellschaft wäre wünschenswert für Kolumbien. Denn das Land ist arm, trotz reicher Ressourcen. Heute sagt die Guerilla noch immer, dass sie für soziale Gerechtigkeit kämpft. Sie sagt nicht, dass sie von Entführungen lebt, ebenso vom blühenden Geschäft mit den Drogen. Die Guerilla erhebt "Kriegssteuern", beispielsweise von Fuhrunternehmen.

Das Militär arbeitet oft eng mit den Paramilitärs zusammen. Diese Miliz ist brutal und eng verzahnt mit den Drogenbaronen. Auch diese Miliz lebt vom Geschäft mit dem Krieg. Von der Ausplünderung ganzer Dörfer, die angeblich von guerillafreundlichen Bauern bewohnt waren. Die Miliz mordet und vergewaltigt.

Nun hat Kolumbien einen mutigen Präsidenten. Andres Pastrana hat sich zum Ziel gesetzt, den Krieg, den er selbst nur "bewaffneten Konflikt" nennt, zu beenden. Immer wieder gibt es so genannte Friedensgespräche. Und immer wieder scheitern sie. Gerade gestern wieder die Verhandlungen der ELN mit Vertretern der Regierung in Genf. Der Ablauf solcher Gespräche ist oft gleich. Die Regierung macht ein paar Zugeständnisse, zum Beispiel, dass die ELN eine entmilitarisierte Zone beherrschen darf. So wie auch die Farc. Die Guerilla lässt dafür dann ein paar Geiseln frei - als Zeichen des guten Willens. Danach herrscht wieder Krieg.

Die internationale Gemeinschaft mag sich in Kolumbien nicht einmischen. Denn was hieße das? Einen Vermittler stellen, der nur scheitern kann. Oder gar Blauhelme schicken? Die internationale Gemeinschaft hat sich entschlossen, Pastranas "Plan für Kolumbien" mit Geld zu stützen. Das ist am einfachsten. IWF, Weltbank, Japan, Spanien und Norwegen haben 1,8 Milliarden Mark zur Verfügung gestellt, die USA 2,6 Milliarden. Viel Geld. Es soll vor allem für den Kampf gegen die Drogenmafia verwendet werden. Doch nicht nur Menschenrechtsorganisationen befürchten, dass das Geld nur dazu dient, die Kriegsparteien aufzurüsten.

Frieden ist in Kolumbien nicht in Sicht.

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