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Ab nach draußen. Uli Hoeneß hat Freigang - dieses Bild zeigt ihn 2008 in der Allianz Arena, wie er den Spielertunnel verlässt.

© dpa

Kolumne Einspruch: Gang und gäbe

Uli Hoeneß hat Freigang. Mit seinem Promistatus hat das nichts zu tun, meint unsere Autorin.

Von Fatina Keilani

Am Montag tritt Uli Hoeneß seinen neuen Job an – als Assistent in der Jugendabteilung beim FC Bayern München, dem Verein, dessen Präsident er war, bis ihn das Landgericht München II im vergangenen März wegen Steuerhinterziehung zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilte. Im Juni trat Hoeneß seine Haft an. Jetzt ist er Freigänger. Er muss im Gefängnis schlafen, darf aber am Tage raus und arbeiten. Er hat keine vergitterten Fenster mehr, sondern wohnt fast idyllisch im früheren Kloster Rothenfeld, das zur Gemeinde Andechs gehört. Kaum war das bekannt, riefen die Ersten: Promi-Bonus! Aber stimmt das? Was ist Freigang, und wer bekommt ihn?

Uli Hoeneß muss nur noch nachts ins Gefängnis

Der Freigang ist eine Lockerung des Strafvollzugs. Er ist gesetzlich geregelt; im Fall Hoeneß gilt das bayerische Strafvollzugsgesetz. Danach soll der Freigang einen „sinnvollen Arbeitseinsatz der Gefangenen außerhalb der Anstalt ermöglichen“. Die Idee ist, einen Straftäter schrittweise wieder zu einem ungefährlichen Mitglied der Gemeinschaft zu machen, ihn zu (re)sozialisieren.

Nun kann man kaum sozialisierter sein als Hoeneß. Dieser Häftling muss nicht lernen, wie die Gesellschaft funktioniert. Er hat glasklar erkannt, dass er sich selbst ins Abseits gestellt hat und ist sehr offensiv damit umgegangen – sogar eine Titelgeschichte der „Zeit“ hat er mitgemacht. Die Abstrafung durch eine empörte Öffentlichkeit wächst sich sogar eher zu einem Promi-Malus aus – ein Problem, das der namenlose Steuersünder nicht hat. Die Zahl der Selbstanzeigen von Steuersündern erreichte 2014 übrigens einen Rekordwert – nicht auszuschließen, dass der Fall Hoeneß dazu beigetragen hat.

Es gab keinen Promibonus, sondern einen Promimalus

Hoeneß zeigte sich durchaus janusköpfig, als Wohltäter, aber auch Steuersünder. Sicher könnte man sich auch auf den Standpunkt stellen, er solle ruhig lange büßen. Aber der Sühnegedanke ist dem Strafvollzug eher fremd. Er fließt ins Urteil ein. Der Strafvollzug arbeitet dann mehr darauf hin, den Straftäter zurück in die Gemeinschaft zu führen.

Freigang wird nur gewährt, wenn der Häftling wahrscheinlich keine neuen Straftaten begeht und nicht flieht. Mindestens sechs Monate geschlossener Vollzug sind in Bayern Praxis, auch hier also keine echte Vorzugsbehandlung. Die sieben Monate, die Hoeneß im geschlossenen Vollzug war, dürften für ihn hart gewesen sein, Stichwort Fallhöhe.

Bei guter Führung könnte er nach rund 21 Monaten entlassen werden, das wäre die Hälfte der Haftdauer. Auch dies wäre im Rahmen des Normalen. Der Freigang ist ein Indiz dafür, dass es wahrscheinlich so kommen wird. Zugleich ist er ein nettes Geburtstagsgeschenk, denn Hoeneß wird an diesem Montag 63. Nur allzu sehr darauf anstoßen darf er nicht: Wer alkoholisiert zurückkehrt in die Anstalt, der kann sich den weiteren Freigang in der Regel abschminken.

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