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Politik: Kommando in Kabul statt Hilfe in Bagdad?

Deutsche und Niederländer könnten Doppelspitze bilden /Ministerium: Kein Zusammenhang mit Irak

Berlin/Brüssel. Deutschland und die Niederlande werden eventuell die Führung der Internationalen Schutztruppe für Afghanistan (Isaf) übernehmen. Das Bundesverteidigungsministerium bestätigte am Mittwoch, dass zwischen beiden Staaten Gespräche auf Arbeitsebene geführt werden. Politisch seien weder in den Niederlanden noch in Deutschland Entscheidungen gefallen, hieß es am Mittwoch in Den Haag und Berlin. Der Sprecher der Bundesregierung, Uwe-Karsten Heye, sagte, es handele sich um eine „total theoretische Überlegung“.

Das Bundesverteidigungsministerium dementierte zugleich einen Bericht der „Welt“, die Bundesregierung wolle mit der Übernahme der Aufgabe als Lead Nation den USA einen Ausgleich wegen ihres Neins zu einer Beteiligung an einem Angriff auf den Irak anbieten. Es gebe keinen Zusammenhang zwischen Kabul und Bagdad, hieß es. Nach Informationen der Zeitung soll das Mandat der Türkei, die zurzeit die 4730 Isaf-Soldaten führt, um zwei Monate bis Februar verlängert werden. Dann solle das Kommando von dem in Münster stationierten deutsch-niederländischen Korps übernommen werden. Geplant sei zudem, dass Deutschland mehr Bundeswehrsoldaten entsende, weil Türken und Briten ihre Kontingente wegen einer möglichen Beteiligung an militärischen Maßnahmen gegen den Irak eventuell verringern würden. Zurzeit sind 1250 Bundeswehrsoldaten in Kabul stationiert. Sie arbeiten seit Anfang 2001 eng mit niederländischen Kollegen in einem Isaf-Kontingent zusammen.

Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) hatte Ende Juli in Kabul erklärt, die Bundeswehr sei in der Lage, als Lead Nation zu fungieren. Am Dienstag lehnte Struck erneut eine Ausweitung des Mandats über die Grenzen der Hauptstadt hinaus ab, weil dort „die Gefahr für die deutschen Soldaten und die Soldaten anderer Streitkräfte ungleich höher ist als in Kabul“. Auch der Kommandeur des deutschen Kontingents in Afghanistan, Brigadegeneral Manfred Schlenker, äußerte sich skeptisch zu Spekulationen über eine Ausweitung des Mandats über Kabul hinaus. „Ich kann bisher keine Bereitschaft erkennen, den enormen logistischen Aufwand zu finanzieren, der dafür notwendig wäre, sagte Schlenker der „Berliner Zeitung“.

Bei der Nato stoßen die Pläne für eine deutsch-niederländische Führung auch auf Unterstützung, weil das Nato-Hauptquartier in Mons Teile seiner Kapazitäten dafür zur Verfügung stellen könnte. Nato-Generalsekretär George Robertson hatte Struck in der vergangenen Woche angeboten, die Planungskapazitäten der Nato für den Afghanistaneinsatz bereit zu halten. Bei der Nato hieß es, eine Doppelspitze mit den Niederlanden sei vorteilhafter, weil diese über größere Lufttransportkapazitäten verfügten. Hindernis für eine Isaf-Führung durch das deutsch-niederländische Korps ist die Führungsfrage der Task-Force Fox in Mazedonien. Dort sind die Niederländer gegenwärtig Lead Nation und bereit, die Nato-Truppen auch nach Ablauf des Mandats am 26. Oktober weiter zu führen. Da die EU wegen fehlender eigener Kapazitäten noch nicht in der Lage ist, das Mandat zu übernehmen, wird die Nato weiter in der Pflicht sein. Auch die USA, die ursprünglich für einen Truppenabzug nach den mazedonischen Wahlen am 15. September eintraten, halten nicht länger an dieser Position fest.

Das deutsch-niederländische Korps ist seit Juni als mobiles Einsatzhauptquartier der Nato anerkannt. Struktur, Ausbildung und Ausrüstung sind so angelegt, dass die Soldaten Einsätze mit hoher Kampfintensität leisten können. Ein Sprecher des Stabes in Münster sagte, man könne innerhalb eines Monats mit 430 Mann an jedem Ort der Welt sein und bis zu 60 000 Soldaten führen.

Auf zwei US-Stützpunkte und eine afghanische Armeekaserne wurden am Mittwoch Raketen abgefeuert. Als mutmaßliche Täter gelten Kämpfer der Taliban oder der Al Qaida.

M. Schulze Berndt/S.Lemkemeyer

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