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Kommissionspräsidentenwahl: EU-Parlament lässt Barroso warten

Europäische Sozialisten wollen jetzt doch für ihn stimmen - vielleicht.

Wird das Europaparlament einer zweiten Amtszeit des EU-Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso zustimmen? Die Staats- und Regierungschefs der EU würden es gerne sehen, wenn sich im EU-Parlament Mitte Juli eine Mehrheit für Barroso finden würde – schließlich haben sie bei ihrem Gipfel vor einer Woche den Portugiesen einstimmig nominiert. Allerdings steht die Mehrheit für Barroso im EU-Parlament noch nicht. Für den Kommissionschef kommt es da gerade recht, dass der frisch im Amt bestätigte Fraktionschef der Sozialisten, Martin Schulz, seine Unterstützung nicht mehr ausschließt. Die Sozialisten stellen die zweitstärkste Fraktion im Europaparlament. Schulz’ Ankündigung ist pikant, denn er war als SPD-Spitzenkandidat vor der Europawahl heftig über Barroso und die Kommission hergezogen. So hatte er das Gremium als „Vereinigung von mehrheitlich marktradikalen und konservativen Kräften“ bezeichnet.

Die konservative EVP-Fraktion im Europaparlament, die aus der Europawahl als stärkste Kraft hervorging und eine zweite Amtszeit des Portugiesen befürwortet, würde gerne am 15. Juli über die Personalie abstimmen lassen. Allerdings brauchen die Konservativen noch Stimmen aus anderen Fraktionen, um eine Mehrheit zustande zu bringen. Bei den Liberalen, der drittstärksten Kraft im Europaparlament, gibt es kein einheitliches Meinungsbild zu Barroso. Der ehemalige belgische Regierungschef Guy Verhofstadt, der als Favorit für den Fraktionsvorsitz bei den Liberalen gilt, hat bisher Sympathien für eine Verschiebung der Abstimmung auf den Herbst erkennen lassen. Der FDP-Europaabgeordnete Jorgo Chatzimarkakis fasst die Haltung seiner Fraktionskollegen so zusammen: „Wir sind für eine Verschiebung der Abstimmung über Barroso – was nicht heißt, dass wir gegen ihn sind.“

Sozialisten-Fraktionschef Schulz lässt hingegen auch jetzt kein gutes Haar am amtierenden Kommissionspräsidenten. In dieser Woche ließ er jedoch erkennen, dass er sich mit Blick auf eine Wiederwahl Barrosos ein Hintertürchen offenhält: Am Ende könnte er doch für die parlamentarische Bestätigung des Portugiesen stimmen – nicht schon im Juli, wie das die Konservativen wollen, aber vielleicht nach der Sommerpause im September oder Oktober. Im Gegenzug erhoffen sich die Sozialisten von Barroso Zugeständnisse in der Sozialpolitik.

Wenn die Sozialisten, die bei der Europawahl eine herbe Niederlage erlitten, weiterhin eine tragende Rolle im Straßburger Parlament spielen wollen, dann muss sich Schulz mit den Konservativen in irgendeiner Weise arrangieren. „Das sieht nach Taktik aus“, gibt der SPD-Politiker zu – zumal man ihm nachsagt, dass er für die zweite Hälfte der Legislaturperiode Ansprüche auf das Amt des Parlamentspräsidenten erheben wird.

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