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Die US-Airbase Ramstein besuchte Donald Trump im Dezember 2018. Ob sie von einem Teilabzug der US-Truppen betroffen wäre, ist nicht bekannt.

© Shealah Craighead/White House /dpa

Kommt der Teilabzug der US-Truppen?: Ein Schritt, der Amerikas Sicherheit womöglich mehr schadet als der Europas

US-Präsident kündigt den Abzug von gut einem Drittel der US-Truppen aus Deutschland an. Die Bundesregierung scheint das nicht zu schrecken.

Von Hans Monath

Für Richard Grenell, bis vor kurzem US-Botschafter in Berlin, dürfte die Ankündigung Trumps zum Teilrückzug der US-Truppen einen kleinen Triumph bedeuten.

Im vergangenen Sommer hatte der notorisch undiplomatische Diplomat seinem Gastland damit gedroht, seine Regierung werde einen Teil Soldaten abziehen, wenn Berlin weiterhin seine Nato-Zusage breche, zwei Prozent des Bruttoszialprodukts für Rüstung auszugeben. „Es ist beleidigend, davon auszugehen, dass die US-Steuerzahler weiterhin für mehr als 50.000 Amerikaner in Deutschland zahlen, dass die Deutschen aber ihren Überschuss für einheimische Zwecke ausgeben“, meinte er damals.

Fast ein Jahr später ist Grenell in die USA zurückgekehrt, Trump aber hat den Abzug von 9000 der rund 35.000 US-Soldaten aus Deutschland nun tatsächlich verkündet. Auf die Zahl von 50.000 Amerikanern kam Grenell, weil er auch die rund 17.000 bei den Streitkräften angestellten US-Zivilisten einbezog.

Eines allerdings hat sich nicht geändert: Ein irgendwie nachvollziehbarer Plan zur Reduzierung eines so großen Teils der hiesigen US-Truppen ist bei Trump nun so wenig auszumachen wie damals bei Grenell.

Viel spricht dafür, dass der Regierungschef vier Monate vor der Präsidentenwahl im November ohne Sachkenntnis und Problembewusstsein seinen potenziellen Wählern demonstrieren will, dass er ein Land bestrafen kann, von dem er die USA übervorteilt fühlt.

Deutschland dient als Drehkreuz für das US-Militär

Allerdings könnte Trumps Teilabzug die Sicherheit der USA mindestens ebenso stark, wenn nicht stärker treffen als die der Deutschen.

Militärexperten wie Ben Hodges, der frühere US-Oberbefehlshaber für Europa, weisen ebenso wie deutsche Politiker darauf hin, dass Deutschland für das amerikanische Militär als Drehkreuz dient, ohne das Einsätze in Afrika, dem Nahen und Mittleren Osten oder Afghanistan nur schwer abgewickelt werden könnten. Laut Hodges bilden die US-Verbände in Deutschland den „Brückenkopf“, auf dem das Nato-Konzept zur Verteidigung Europas basiert und über das viele US-Operationen außerhalb Europas laufen.

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Dazu zählen das US-Hauptquartier Europa sowie die US-Oberkommandos für Europa und für Afrika, der Militärflugplatz Ramstein, ein Kavallerieregiment, Luftabwehr, Infrastruktur für Training sowie das Militärkrankenhaus Landstuhl, das verwundete Soldaten aus dem Irak oder Afghanistan behandelt. In diese Infrastruktur haben die USA in den vergangenen Jahren Milliarden investiert.

Ein Drittel des Personals abzubauen, ohne den eigenen Interessen zu schaden, wird laut Hodges sehr schwierig werden. Zudem weist der Ex-General darauf hin, dass der US-Kongress die Mittel für eine teure Truppenverlegung verweigern könnte. Tatsächlich kündigen republikanische Abgeordnete schon Widerstand an.

Die Bundesregierung reagiert kühl

Das dürften auch die Gründe sein, warum die Bundesregierung ziemlich kühl auf die Pläne des Weißen Hauses zum Teilabzug reagiert.

Sollte es zum Abzug kommen, „nehmen wir dies zur Kenntnis“ - so die lapidare Reaktion von Bundesaußenminister Heiko Maas auf Trumps Ankündigung eines US-Truppenabzugs.
Sollte es zum Abzug kommen, „nehmen wir dies zur Kenntnis“ - so die lapidare Reaktion von Bundesaußenminister Heiko Maas auf Trumps Ankündigung eines US-Truppenabzugs.

© AFP

Außenminister Heiko Maas (SPD) gab die Tonlage vor, als er auf die damals noch unbestätigten Meldungen hin kein Bedauern äußerte, sondern nur erklärte: Sollte es zum Abzug kommen, „nehmen wir dies zur Kenntnis“. Die Angst, dass eine Verlegung Tausende von Arbeitsplätzen in Deutschland kosten könnte, stand nicht im Mittelpunkt. In ganz ähnlicher Diktion sagte Maas nun zur Ankündigung Trumps, der Truppenabzug liege „in der Entscheidungshoheit der Vereinigten Staaten“.

Die demonstrative Gelassenheit hängt auch mit der Verärgerung der Bundesregierung darüber zusammen, dass sie erst aus den Medien von den Plänen erfuhr. Trump hat wieder eine offenbar einsame Entscheidung über gemeinsame Sicherheitsbelange der Nato getroffen, ohne die Verbündeten darüber zu informieren oder ihre Meinung einzuholen.

Bei ihren Nachfragen in Washington erfuhren die Vertreter Deutschlands dann, dass nicht einmal das State Department eingeweiht worden war. Details zum Abzug wurden von der US-Regierung auch später nicht genannt, wie Maas am Dienstag beklagte.

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In der Vergangenheit hatte Trump öfter davon gesprochen, aus Deutschland abgezogene Truppen nach Polen zu verlegen, auch weil das Land das Zwei-Prozent-Ziel erfülle. Der Hinweis fehlte nun, als er seine Entscheidung bekanntgab. Die Regierung in Warschau hofft zwar, dass die USA die Zahl ihrer rund 5000 Soldaten in Polen aufstockt. Sie hat allerdings deutlich gemacht, dass das nicht auf Kosten der Truppenstärke in Deutschland gehen solle.

Die von der US-Seite verhinderte Debatte der Nato-Verbündeten über den Teilabzug wird nun nachgeholt, wie Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg verkündete. Bei der Tagung der Verteidigungsminister am Mittwoch und Donnerstag soll er besprochen werden. Das ist im Sinne der Bundesregierung, die weiß, dass sie alleine Trumps Entscheidung kaum wird beeinflussen können. Das Thema, so sagte Stoltenberg, sei für die ganze Allianz relevant. 

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