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Politik: Kommt „Kalif von Köln“ wieder frei? Urteil gegen Islamistenführer in der Türkei aufgehoben

Der Fernseher in seiner Zelle im Hochsicherheitsgefängnis von Tekirdag im Nordwesten der Türkei überbrachte dem „Kalifen von Köln“ am Mittwochmorgen die Nachricht: Der oberste Berufungsgerichtshof der Türkei hat die Verurteilung Metin Kaplans zu lebenslanger Haft ohne Aussicht auf vorzeitige Entlassung aufgehoben. Jetzt kann der Islamistenführer auf einen zweiten Prozess und ein milderes Urteil hoffen.

Der Fernseher in seiner Zelle im Hochsicherheitsgefängnis von Tekirdag im Nordwesten der Türkei überbrachte dem „Kalifen von Köln“ am Mittwochmorgen die Nachricht: Der oberste Berufungsgerichtshof der Türkei hat die Verurteilung Metin Kaplans zu lebenslanger Haft ohne Aussicht auf vorzeitige Entlassung aufgehoben. Jetzt kann der Islamistenführer auf einen zweiten Prozess und ein milderes Urteil hoffen. „Sehr schön“, kommentierte Kaplans Anwalt Ismet Koc in Istanbul. Wenn im neuen Verfahren alles so läuft, wie die Kaplan-Anwälte sich das vorstellen, könnte der „Kalif“ schon in wenigen Jahren wieder ein freier Mann sein – und versuchen, nach Deutschland zurückzukehren.

Das Verteidigerteam hatte im Prozess vor dem Istanbuler Schwurgericht im Frühjahr immer wieder über rechtsstaatliche Mängel geklagt. Tatsächlich war damals die Entschlossenheit des Gerichts unübersehbar, den als Staatsfeind verhassten Islamisten hinter Gitter zu bringen. Die Berufungsrichter beanstandeten das Urteil vom Juni jetzt jedoch vor allem aufgrund von Formfehlern: So rügten sie, dass eine Seite des schriftlichen Urteils vom Richter nicht abgezeichnet worden sei. Zudem müsse im Fall Kaplan das im Juni in Kraft getretene neue Strafgesetzbuch zur Anwendung kommen. Eine inhaltliche Kritik an dem Istanbuler Urteil ist daraus nicht abzuleiten.

Kaplan war im Oktober vergangenen Jahres aus Deutschland in die Türkei abgeschoben und vor Gericht gestellt worden. Die türkische Justiz warf dem Islamistenführer vor, er habe 1998 einen Terroranschlag gegen die Staatsspitze in Ankara geplant, um einen islamistischen Gottesstaat zu errichten. Vor Gericht bekannte sich Kaplan zu seinen Zielen als radikaler Islamist, doch er wies den Vorwurf zurück, dass er diese Ziele mit gewaltsamen Mitteln verfolge.

Der neue Kaplan-Prozess in Istanbul wird nach Einschätzung der Anwälte voraussichtlich erst im neuen Jahr beginnen. Anwalt Koc sagte, wenn im neuen Prozess alles mit rechten Dingen zugehe, werde sein Mandant zu höchstens 15 Jahren Haft verurteilt. Sollte sich das Gericht im neuen Verfahren dieser Argumentation anschließen, könnte Kaplan wegen der im türkischen Strafvollzug üblichen Strafnachlässe in etwa fünf Jahren wieder frei sein.

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