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Politik: Kommunen profitieren von Hartz IV

Finanzminister plant weniger Zuschüsse für Städte und Gemeinden / Bürgermeister misstrauen dem Bund

Von Antje Sirleschtov

Berlin - Die Hartz-Reformen haben den deutschen Kommunen im vergangenen Jahr finanzielle Vorteile erbracht. Nach einer Erhebung von Kommunaldaten des Jahres 2005 kommen die Kommunen insgesamt auf einen Überschuss von einer Milliarde Euro. Das ist zwar noch nicht so viel, wie ihnen die rot-grüne Regierung im Jahr 2004 bei der Verabschiedung der Hartz-IV-Gesetze versprochen hat. Damals war den Städten und Gemeinden ein Überschuss von 2,5 Milliarden Euro zugesagt worden. Allerdings relativiert das Milliarden–Plus nun die Befürchtungen der Verbandsvertreter, die Kommunen würden nach der Hartz-Reform finanziell draufzahlen.

Nach der Kommunaldatenerhebung kosteten die Hartz-Reformen die Kommunen im vergangenen Jahr rund 14,3 Milliarden Euro. Darin eingeschlossen sind die Kosten für Unterkunft und Heizung für Langzeitarbeitslose, aber auch einmalige Zahlungen an sozial Bedürftige und Personalkosten. Entlastet wurden die Kommunen im Gegenzug um rund 9,8 Milliarden Euro, weil sie seit der Hartz-Gesetzgebung keine laufenden Leistungen mehr an Langzeitarbeitslose zu zahlen haben. Von den Bundesländern haben die Kommunen rund zwei Milliarden Euro als Kompensation dafür erhalten, dass die Länder nun kein Wohngeld mehr an Hartz-IV-Empfänger zahlen müssen. Diese so genannten Kosten der Unterkunft teilen sich die Städte und Gemeinden mit dem Bund. Der Bund beteiligte sich an den Kosten mit etwa 3,8 Milliarden Euro.

Spätestens nach der Sommerpause wollen Bund und Länder einen neuen Beteiligungsschlüssel des Bundes an diesen Unterkunftskosten aushandeln. Die Kommunen verlangen zwar, an den Gesprächen beteiligt zu werden. Dies haben Bund und Länder bislang jedoch abgelehnt.

Im Zentrum der Auseinandersetzung um die finanziellen Hartz-Folgen steht die Ankündigung von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD), im kommenden Jahr an den kommunalen Zahlungen für Mieten und Heizung nur noch mit zwei Milliarden zu beteiligen. In Regierungskreisen hieß es sogar, Steinbrück werde diesen Betrag möglicherweise noch reduzieren wollen. Das Argument von Steinbrück und seinem Parteikollegen, Arbeitsminister Franz Müntefering, die im Frühjahr in Kraft getretenen Optimierungsgesetze würden die Kosten der Langzeitarbeitslosigkeit im kommenden Jahr – auch für die Kommunen – reduzieren, verfängt bei den Bürgermeistern jedoch nicht. Sie fürchten, am Ende auf Mehrbelastungen sitzen zu bleiben. Zumal sie verpflichtet wurden, rund 1,5 Milliarden Euro jährlich zusätzlich in den Ausbau der Betreuungsplätze für Unterdreijährige zu investieren.

Allerdings: Wie hoch diese Investitionen sowie die Einsparungen, beziehungsweise Mehrbelastungen der Kommunen tatsächlich sind, wird bis zum Ende der Verhandlungen ein Rätsel bleiben. Denn nach wie vor verfügen Bund, Länder und Kommunen über keine einheitlichen Daten, wie viel Geld bisher wohin geflossen ist. Die Verhandlungen über die Kostenbeteiligung werden deshalb unweigerlich zum Pokerspiel. Außerdem: Wegen der sehr unterschiedlichen sozialen Situation in den Kommunen sind auch die Belastungen beziehungsweise Entlastungen von Stadt zu Stadt höchst unterschiedlich.

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