zum Hauptinhalt
Ein Flüchtling aus Syrien in der Ausbildungsvorbereitung.

© Dieter Kögel/dpa

Kommunen und Flüchtlinge: Schlecht auf Konflikte vorbereitet

Ein Forschungsbericht zur Unterbringung von Flüchtlingen zeigt: Den Kommunen fehlen Konfliktlotsen - und Erkenntnisse über Radikalisierungsprozesse in den Heimen.

Die deutschen Kommunen haben die akute Flüchtlingskrise zwar meist gut bewältigt, für Konflikte im Integrationsprozess sind sie aber schlecht gerüstet. Das ist eines der wichtigsten Ergebnisse eines Forschungsberichts zu den Folgen der Flüchtlingsunterbringung, die das Zentrum für Migrationsforschung und interkulturelle Studien und das Bonner Zentrum für Konversion veröffentlicht haben. Städten und Gemeinden wird darin empfohlen, externe Berater zu engagieren, um Behörden, Wohlfahrtsverbände und ehrenamtliche Unterstützernetzwerke im Umgang mit Konflikten und Gewalt zu schulen. Außerdem werden wissenschaftliche Untersuchungen zu Radikalisierungsprozessen von Flüchtlingen in Gemeinschaftsunterkünften angemahnt.
Ein hohes Konfliktpotenzial lauert dem Bericht zufolge in erster Linie dort, wo Menschen verschiedener Kulturen mit „unterschiedlichen persönlichen Vorstellungen in Bereichen wie Hygiene, Geschlechterrollen oder Religion“ eng zusammenwohnen müssten. Leidtragende von Streitigkeiten seien demnach vor allem Frauen, Kinder und Minderheiten, die besonders häufig Opfer gewalttätiger Übergriffe würden.

Ein Heim-Tüv und das Grandhotel Cosmopolis

Auch der Zustand der Unterkünfte wirke sich stark auf die Stimmung der Flüchtlinge aus, schreibt Autorin Isabella Bauer. Einheitliche Standards und regelmäßige Kontrollen bei privaten Betreibern könnten hier vorbeugen. So habe Sachsen einen „Heim-Tüv“ eingerichtet, der „Menschenwürde messbar machen“ solle. Auch Beschwerdestellen und Ombudsleute oder Konfliktlotsen könnten helfen, Streit und Gewalt zu verhindern. Spannungen zwischen Flüchtlingen und der lokalen Bevölkerung sind der Untersuchung zufolge sehr unterschiedlich ausgeprägt. In Großstädten und Ballungsräumen würden Flüchtlinge vielfach als Konkurrenz um den knappen günstigen Wohnraum wahrgenommen. In ländlichen Regionen veränderten Flüchtlinge allein durch ihre Anwesenheit das Lebensumfeld der Bevölkerung. Direkte Kontakte der Bürger zu Flüchtlingen und eine transparente Kommunikation der Behörden über Veränderungen seien das beste Mittel, Vorurteile abzubauen und Gewalt gegen Flüchtlingen vorzubeugen. In einigen Städten wurden sogar „experimentelle“ Unterbringungsformen ausprobiert. So gibt es in Augsburg heute ein „Grandhotel Cosmopolis“, in dem ortsansässige Bürger mit Asylsuchenden zusammenwohnen.

Zur Startseite