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Politik: Kompetenz und Konkurrenz

Von Robert Birnbaum „Wolfgang Schäuble würde natürlich in mein Kabinett eintreten!“ Das Interessanteste an diesem Satz von Edmund Stoiber über sein neues Mitglied im Kanzlerkandidaten-Kompetenzteam ist der Konjunktiv.

Von Robert Birnbaum

„Wolfgang Schäuble würde natürlich in mein Kabinett eintreten!“ Das Interessanteste an diesem Satz von Edmund Stoiber über sein neues Mitglied im Kanzlerkandidaten-Kompetenzteam ist der Konjunktiv. „Würde“ – aber als was? Am Mittwoch hat Stoiber in Berlin enthüllt, was seit langem kein Geheimnis mehr ist: Schäuble, das stärkste politische Universal-Talent der Union, wird im Wahlkampf der Außen-, Sicherheits- und Europapolitik der Union Gesicht und Stimme geben.

Aber so sehr sich Stoiber und die Union sicher sind, dass der Bayer nach dem 22. September Kanzler wird, so gewiss erscheint auch, dass sein Außenminister nicht Schäuble heißen kann. Der Koalitionspartner müsste erst noch erfunden werden, der auf das prestigeträchtige Außenamt verzichtet. Der Koalitionspartner auch, der es dulden würde, dass ein neues Europaministerium das Auswärtige Amt zum Amt für Übersee-Beziehungen degradiert.

Stoiber weiß das natürlich, deshalb der Konjunktiv. Wie das Kabinett am Ende aussehe, sei eine Frage der Absprache. Den Sonderstatus Lothar Späths, dem er selbst gegen Widerstand das Bundeswirtschaftsministerium verschaffen will, spricht Stoiber Schäuble nicht zu.

Der weiß das auch. Dass sich die Union gleichwohl entschieden hat, einen ihrer angesehensten Politiker in ein Rennen ohne klar erkennbare Siegprämie zu schicken, hängt mit der politischen Konkurrenz zusammen. CDU-Chefin Angela Merkel spottet zwar, dass die Bundesregierung „in die Rolle des Herausforderers geraten“ sei, was man daran erkenne, dass der Kanzler und der Außenminister am Tag vor Schäubles Vorstellung vor die Presse gegangen sind - wie zufällig und ohne erkennbaren Anlass. Aber gegen Joschka Fischers anhaltend hohe Popularität sollte eben doch ein Gegengewicht gesetzt werden. Stoiber ist außenpolitisch zu unerfahren, um dieses Gewicht selbst zu bilden. Auch wenn er schon den Helmut Kohl übt: Transatlantische Freundschaft und eine starkes Europa seien „zwei Seiten einer Medaille“, sagt der Kandidat.

Als Fischers eigentlicher Gegenspieler aber soll Schäuble auftreten. Der ist nach wie vor ja auch der Einzige in den Unionsreihen, der dem Grünen als Redner gewachsen ist.

Schäuble ist außerdem der Einzige, aus dessen Mund der Satz nicht vollends anmaßend klingt, es fehle Rot-Grün an der „gestaltenden, weit blickenden, kohärenten Außenpolitik".

Der deutsch-französische Motor für Europa müsse wieder angeworfen, überhaupt Deutschlands Gewicht in Brüssel wieder in die Waagschale geworfen werden: „Deutschland bleibt hinter seinen Möglichkeiten zurück." In welcher Position er das ändern will – es bleibt offen. Wenn Stoibers Einladung ins Kabinett ernst gemeint und die Themen-Zuordnung nicht nur ein Wahlkampfgag ist, bleibt bei nüchterner Betrachtung nur das Verteidigungsministerium. Natürlich könnte Schäuble das auch. Es gibt in der Union durchaus Leute, die ihn schon als Nachfolger des glücklosen Rudolf Scharping sehen.

Dass Schäuble vor Zeiten Kanzler hätte werden können, spreche nicht dagegen, argumentieren sie: Das Kommando über das Verteidigungsministerium sei allemal eins der Spitzenämter.

Aber vielleicht liegt des Rätsels Lösung eher in einem Nebensatz von Edmund Stoiber. Der fällt in einer längeren Ausführung über die Versäumnisse der Bundesregierung in der Europapolitik. Deutschland müsse, sagt der Kandidat, „endlich Spitzenpersonal“ in die EU-Kommission nach Brüssel schicken.

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