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Kompromiss: Ende der Regierungskrise in Belgien?

Nach mehr als einem halben Jahr Stillstand scheint bei der Regierungsbildung in Belgien ein entscheidender Schritt gelungen. Zwischen der französischsprachigen Zentrumspartei und den flämischen Christdemokraten soll ein Kompromiss erzielt worden sein.

Die seit Monaten anhaltende Regierungskrise in Belgien geht möglicherweise zu Ende. Nach mehr als einem halben Jahr erfolgloser Koalitionsverhandlungen erzielte Ministerpräsident Guy Verhofstadt in der Nacht zum Mittwoch einen Durchbruch. Wie sein Sprecher mitteilte, gelang es ihm, die festgefahrene Lage zu überwinden. Die Nachrichtenagentur Belga meldete, die französischsprachige Zentrumspartei CDH habe Verhofstadts jüngste Vorschläge angenommen. Damit sei der Weg frei für eine Übergangsregierung unter ihrer Beteiligung, derjenigen der flämischen Christdemokraten (CDV) und Liberalen (Open LVD) sowie der französischsprachigen Sozialisten und Liberalen.

Diese vom kommissarisch amtierenden Ministerpräsidenten Verhofstadt von der liberalen Partei Open LVD geführte Interimsregierung könne ihr Amt schon in wenigen Tagen antreten. Nach Verhofstadts Vorstellungen soll sie längstens bis zum 23. März (Ostersonntag) amtieren und in dieser Zeit die Weichen stellen für die Übernahme der Regierungsverantwortung durch das endgültige Kabinett unter der Leitung des flämischen Christdemokraten Yves Leterme. Als Schlüssel für die Regierungsbildung gilt neben der Bewältigung wirtschaftlicher und sozialer Probleme die Staatsreform.

Flamen wollen mehr Rechte

Die Parteien im flämischen Norden des Landes, wo etwa 60 Prozent der Bevölkerung leben, verlangen dabei mehr Autonomie und mehr Kompetenzen für die Regionen, so auch bei der Sozialgesetzgebung und bei der Unternehmensbesteuerung. Die frankophonen Parteien lehnen dies entschieden ab.

König Albert II. hatte Verhofstadt erst vor wenigen Tagen offiziell mit der Regierungsbildung beauftragt. Zuvor war Leterme, der Sieger der Parlamentswahl vom 10. Juni, dessen CDV im Sommer stärkste Kraft im belgischen Parlament wurde, zweimal mit der Regierungsbildung gescheitert. Er hatte eine Koalitionsregierung aus Liberalen und Christdemokraten beider Sprachgemeinschaften angestrebt.

Unter dem neuen Vermittler Verhofstadt zogen insbesondere die frankophonen Parteien die Verhandlungen in die Länge. Der Chef der liberalen französischsprachigen Partei MR, Finanzminister Didier Reynders, wollte nur einen frankophonen Koalitionspartner, entweder die Sozialisten (PS) oder die Zentrumspartei CDH, aber nicht beide auf einmal. Schließlich setzte sich die Fünf-Parteien-Koalition unter Einschluss beider Parteien als Übergangsregierung durch. Verhofstadt setzt alles daran, nicht den unrühmlichen Europa-Rekord einzustellen, den 1977 die Niederlande aufstellten. Das Land blieb damals 208 Tage ohne neue Regierung. (mac/AFP)

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