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© EPA

Konflikt mit Iran: Atomstreit: Obama, die Mullahs und ein Zuckerbrot

Erstmals seit 30 Jahren nehmen die USA an diesem Donnerstag formale Gespräche mit dem Iran auf. Die USA will über das Nuklearprogramm sprechen, Teheran möchte nur über allgemeine Themen reden.

Berlin - Die Sechsergruppe, welche die fünf Vetomächte im UN-Sicherheitsrat und Deutschland umfasst, will über das iranische Nuklearprogramm sprechen. Teheran dagegen hat Gespräche über allgemeine Themen wie Sicherheit, die UN-Reform und Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen angeboten. Mit Spannung wird erwartet, ob sich daraus trotz der unterschiedlichen Erwartungen ein neuer Dialog zwischen dem Iran und den USA entwickelt.

Mit seinem Angebot direkter Gespräche ohne Vorleistung hat sich US-Präsident Barack Obama von der Politik seines Vorgängers George W. Bush abgesetzt. Mit der Ausnahme einer punktuellen Kooperationen in Fragen, die Afghanistan und den Irak betrafen, hat Bush Kontakte zu Teheran vermieden. Zudem wandte sich Obama in seiner Neujahrsansprache auch an die Führung der „Islamischen Republik und deutete damit an, dass er nicht mehr auf den Sturz des Regimes hinarbeiten, sondern die Herrschaft der Theologen anerkennen will. Gleichzeitig spekuliert seine Regierung aber auch laut über neue Sanktionen.

Damit ist der Obama-Ansatz nach Ansicht der Experten am Saban-Center for Middle East Policy an der unabhängigen Brookings Institution in Washington eine aktualisierte Fassung des älteren Ansatzes, der unter dem Titel „Sticks and carrots“ („Zuckerbrot und Peitsche“) im Umlauf ist. Eine Studie des Saban-Center, zu deren Autoren auch der Ex-Botschafter in Israel, Martin Indyk, und der ehemalige Direktor für den Golf und Nahost im Nationalen Sicherheitsrat, Kenneth Pollack, gehören, räumt diesem Ansatz nur Chancen ein, wenn die „Belohnung“ für die Kooperation des Irans „viel größer“ wäre als in der Ära Bush. Um glaubwürdig zu machen, dass man es ernst meine. Die Autoren nennen die Kooperation mit Finanzinstitutionen wie der Weltbank, die Aufhebung internationaler und unilateraler amerikanischer Sanktionen, die Regelung finanzieller Konflikte (eingefrorene Bankkonten in den USA), Investitionsgarantien und Handelskredite für den Iran. Entscheidend wäre auch eine amerikanische Nichtangriffsgarantie – ähnlich wie sie John F. Kennedy sie in der Kubakrise gab. Doch nach Ansicht der Autoren müssten die USA weitere konkrete Beweise ihres guten Willens liefern: Beispielsweise die Entscheidung, nicht mehr als eine Flugzeugträgergruppe im Golf zu stationieren.

Ihre nüchterne Analyse der verschiedenen Handlungsoptionen der USA beginnen die Autoren mit einer Bestandsaufnahme der bisherigen „Iranpolitik“. Demnach hatte die Regierung von George W. Bush bis 2004 überhaupt keine Iranpolitik, weil sie „einfach nicht wusste, was sie mit dem Iran machen sollte“. Insgesamt wird die Haltung der USA gegenüber Teheran in den vergangenen Jahrzehnten als oft „widersprüchlich“ charakterisiert und „besessen von Disputen über kleinliche Details, sodass jede kohärente, übergreifende Strategie aus den Augen verloren wurde“. Nötig seien nach dieser langen Eiszeit direkte Gespräche zwischen Washington und Teheran – auch damit die USA besser verstehen, was der Iran will und braucht. Die Schwierigkeit dieses Ansatzes: Die USA brauchen angesichts der tickenden Nuklearuhr innerhalb von Monaten Ergebnisse. Und es sei „extrem schwierig“ zu erkennen, ob dieser Ansatz funktioniere. Auf jeden Fall sollte die Internationale Atomenergie–Organisation (IAEO) wie im Falle des Irak eine eigene Abteilung für den Iran bilden, um ein engmaschiges Kontrollnetz aufzubauen.

Die Autoren der Studie folgen der These, dass die Iraner extrem unwillig auf Druck und die Androhung von Sanktionen reagieren. Daher sollten die USA nach Ansicht der Autoren nicht öffentlich über Strafen sprechen, solange man einen Deal zu verkaufen versuche. „Unglücklicherweise“ habe die Obama-Regierung hier bereits einige Fehler gemacht. Der Begriff „Zuckerbrot und Peitsche“ solle völlig aus dem westlichen Vokabular verbannt werden.

Sollte man sich für neue Sanktionen entscheiden, müssten diese auf den iranischen Finanzsektor und Auslandsinvestitionen zielen. Handelssanktionen oder der von Obama erwogene Boykott von Benzinlieferungen an den Iran würden dagegen die gesamte Bevölkerung treffen und seien damit kontraproduktiv.

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