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Ein Lkw blockiert den Grenzübergang Merdare

© FLORION GOGA/Reuters

Update

Spannungen im Kosovo: Russland sichert Serbien Unterstützung zu – Deutschland kritisiert Militärpräsenz

In den vergangenen Wochen hatten die Spannungen an der Grenze zu Serbien wieder zugenommen. Die serbische Armee wurde in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt.

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Auf dem Balkan schaukeln sich die Streitigkeiten zwischen Serbien und dem Kosovo hoch. Nachdem Serbien wegen der wachsenden Spannungen mit der Regierung in Pristina die Armee in Alarmbereitschaft versetzt hatte, schloss am Mittwoch der Kosovo den größten Grenzübergang zu dem Nachbarland.

Zuvor hatten auf der serbischen Seite Demonstranten die Zufahrt zu dem Übergang Merdare blockiert. Das Außenministerium des Kosovo erklärte auf Facebook, wer in Serbien unterwegs sei, müsse andere Grenzübergänge nehmen oder über Nordmazedonien ins Land reisen.

Bereits seit dem 10. Dezember sind zwei andere Grenzübergange geschlossen. Offen sind derzeit nur drei Übergänge zwischen dem Kosovo und Serbien. Für den Kosovo ist die Blockade von Merdare besonders folgenreich, denn Tausende im Ausland arbeitende Kosovaren, die die Feiertage für einen Besuch in der Heimat nutzen wollen, sind gezwungen, Umwege zu nehmen. Zudem ist Merdare der wichtigste Grenzübergang für Lkw.

Serbischer Regierungschef kündigt Abbau der Barrikaden im Kosovo an

Der serbische Präsident Aleksandar Vucic hat den Abbau der von ethnischen Serben im Norden des Kosovos errichteten Barrikaden angekündigt. Dies werde in den nächsten 24 bis 48 Stunden abgeschlossen sein, erklärte er nach Angaben des staatlichen serbischen Fernsehens RTS in der Nacht zum Donnerstag. Zuvor war er in der südserbischen Stadt Raska mit Vertretern der Kosovo-Serben zusammengetroffen.

Militante Serben hatten in den letzten drei Wochen an einem Dutzend Stellen im Norden des Kosovos Barrikaden errichtet, die unter anderen die Zufahrtswege zu zwei Grenzübergängen nach Serbien versperren.

Sie protestierten damit gegen die Verhaftung eines ehemaligen serbischen Beamten der Kosovo-Polizei, der nach Angaben der kosovarischen Behörden Angriffe auf die Wahlbehörde angeleitet haben soll. Ein Gericht in Pristina hatte den Ex-Beamten am Mittwoch in den Hausarrest entlassen

Serbiens Präsident besucht grenznahe Kaserne

Zuvor hatte Vucic eine Armeekaserne in der grenznahen Stadt Raska besucht. Auf seiner Instagram-Seite veröffentlichte er in der Nacht zum Mittwoch ein Foto, das ihn mit dem serbischen Generalstabschef Milan Mojsilovic zeigt. Er danke allen Angehörigen der Sicherheitskräfte, die alles tun würden, um die Serben im Kosovo zu schützen, schrieb Vucic dazu.

Vor knapp drei Wochen hatten militante Serben im mehrheitlich serbisch bewohnten Norden des Kosovos Barrikaden errichtet, die vor allem die Straßen zu den Grenzübergängen nach Serbien blockieren. Damit protestieren sie gegen die Verhaftung eines serbischstämmigen ehemaligen Beamten der Kosovo-Polizei, der nach Darstellung der kosovarischen Behörden Angriffe auf Beamte der Wahlkommission angeführt hatte.

Die Militanten werden von der Regierung in Belgrad unterstützt und zum Teil auch angeleitet. Nächtliche Schüsse auf Polizisten und ein Angriff auf Einsatzkräfte der EU-Mission Eulex mit einer Blendgranate hatten international Besorgnis ausgelöst.

Angehörige der italienischen Streitkräfte, die Teil der Nato-Friedenstruppe im Kosovo sind, stehen an einer Straßensperre in Rudare, nahe dem nördlichen Teil der ethnisch geteilten Stadt Mitrovica.
Angehörige der italienischen Streitkräfte, die Teil der Nato-Friedenstruppe im Kosovo sind, stehen an einer Straßensperre in Rudare, nahe dem nördlichen Teil der ethnisch geteilten Stadt Mitrovica.

© REUTERS / FLORION GOGA

Am Dienstagabend gab es Berichte über Barrikaden an der kosovarisch-serbischen Grenze, die von Angehörigen der serbischen Minderheit in Kosovo errichtet worden sein sollen. Das geht aus einer entsprechenden Warnung des kosovarischen Außenministeriums auf Twitter hervor.

Darin heißt es: „Serbische Kriminelle haben den Grenzpunkt in Merdare blockiert.“ Das Ministerium mahnt all jene Kosovaren, die über Serbien nach Kosovo einreisen wollen, zur Vorsicht. Als „sichere“ Übergänge gelten derzeit die Orte Mutivoda und Dheu i Bardhë.

Serbiens Regierungschefin warnt vor Eskalation

Angesichts von Spannungen im Kosovo hat die serbische Regierung die Armee in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt. Präsident Aleksandar Vucic habe „höchste Kampfbereitschaft“ angeordnet, erklärte der serbische Verteidigungsminister Milos Vucevic am Montagabend. Zuvor hatte Armeechef Milan Mojsilovic bereits erklärt, er sei angesichts der „komplizierten Lage“ von Vucic an die Grenze zum Kosovo entsandt worden.

Serbiens Regierungschefin Ana Brnabic hatte erst kürzlich vor einer Eskalation der Situation gewarnt. Beide Länder stünden „wirklich am Rande bewaffneter Konflikte“, sagte sie. Für die Spannungen machte Brnabic die Regierung in Pristina verantwortlich.

Russland sichert Serbien seine Unterstützung zu

Im Konflikt mit dem Kosovo hat Russland Serbien seine Unterstützung zugesichert. „Wir haben sehr enge Beziehungen als Verbündete mit Serbien, historische und spirituelle“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Mittwoch in Moskau. „Wir unterstützen Belgrad bei all seinen Maßnahmen, die ergriffen werden.“ Russland verfolge sehr aufmerksam, was im Kosovo passiere „und wie die Rechte der Serben (dort) gewahrt werden“, fügte Peskow hinzu.

Kreml-Sprecher Dmitri Peskow hat Serbien im Konflikt mit dem Kosovo die russische Unterstützung zugesichert.
Kreml-Sprecher Dmitri Peskow hat Serbien im Konflikt mit dem Kosovo die russische Unterstützung zugesichert.

© IMAGO / ITAR-TASS

Er sei „natürlich, dass Serbien die Rechte der Serben, die nebenan unter so schwierigen Bedingungen leben, verteidigt, und dass es unnachsichtig reagiert, wenn ihre Rechte verletzt werden“, sagte er. Serbien sei ein „souveränes Land“ und es sei „grundsätzlich falsch, hier nach irgendeinem destruktiven Einfluss Russlands zu suchen“.

Deutschland zeigt sich besorgt über die Spannungen

Die Bundesregierung hat die Verstärkung der serbischen Militärpräsenz im Konflikt mit dem südlichen Nachbarstaat Kosovo kritisiert. Das setze ein „völlig falsches Signal“, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts in Berlin am Mittwoch. Der serbischen Seite gegenüber sei das sehr deutlich zum Ausdruck gebracht worden.

Nach Angaben des Sprechers ist das Auswärtige Amt „sehr besorgt“ über die Spannungen im Norden des Kosovo. Die seit einigen Wochen errichteten Straßenblockaden müssten so schnell wie möglich abgebaut werden. Gleichzeitig müsse der Kosovo die Umsetzung des vereinbarten serbischen Gemeindeverbands akzeptieren, sagte der Außenamtssprecher weiter.

In dieser Hinsicht unterstütze das Ministerium die aktuellen Gespräche des EU-Sonderbeauftragten Miroslav Lajcak. Auf einen solchen Verband von mehrheitlich serbischen Gemeinden hatten sich beide Seiten vor einigen Jahren geeinigt. Doch bisher wurde er nie verwirklicht, da Belgrad und Pristina sich nicht auf die konkrete Umsetzung einigen könnten.

Die EU und USA rufen zu Zurückhaltung auf

Die USA und die EU sind ebenfalls besorgt wegen der angespannten Lage im Kosovo. „Wir rufen alle Beteiligten auf, größtmögliche Zurückhaltung zu üben“, teilten der Auswärtige Dienst der EU (EEAS) sowie das US-Außenministerium am Mittwoch mit. Es sollten unverzüglich Maßnahmen ergriffen werden, um die Situation zu deeskalieren und von Provokationen, Drohungen oder Einschüchterungen sollte Abstand genommen werden, hieß es in einer gemeinsamen Mitteilung.

In der EU-US-Stellungnahme wurde begrüßt, dass die Führung des Kosovo zugesichert habe, dass es keine Listen von kosovo-serbischen Bürgern gebe, die wegen friedlicher Proteste beziehungsweise Barrikaden verhaftet oder strafrechtlich verfolgt würden. Im Rahmen des Mandats der EU-Mission Eulex werde man Ermittlungen und anschließende Verfahren genau überwachen, um die Achtung der Menschenrechte zu fördern.

Das heute fast ausschließlich von Albanern bewohnte Kosovo hatte früher zu Serbien gehört und ist seit 2008 unabhängig. 1999 hatte die Nato Serbien bombardiert, nachdem serbische Sicherheitskräfte albanische Zivilisten getötet und vertrieben hatten. Bis 2008 hatte die UN-Mission Unmik das Kosovo verwaltet. Mit der Unabhängigkeit findet sich Serbien nicht ab und beansprucht das Territorium des Landes für sich.

Raska liegt etwa zehn Kilometer von der Grenze zum Kosovo entfernt. Die von Vucic besuchte Kaserne liegt unweit einer fünf Kilometer breiten Pufferzone entlang der Kosovo-Grenze, in die serbische Sicherheitskräfte nur mit Erlaubnis der im Kosovo stationierten Nato-geführten Schutztruppe KFOR vordringen dürfen.

Dies ist Teil der Vereinbarungen, die nach den Nato-Luftangriffen 1999 getroffen worden waren und die zum vollständigen Abzug der serbischen Sicherheitskräfte und Verwaltung aus dem Kosovo geführt hatten. (AFP/dpa/Reuters)

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