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Kongress: Die Wahltrends in den USA

Die Demokraten müssen historische Verluste hinnehmen, doch gibt auch Überraschungen. Das Gesamtbild aber bleibt: Die Republikaner haben Boden zurückgewonnen. Welche Wahltrends gibt es?

Es war die erwartet schwere Niederlage für Barack Obama. Auch wenn seine Partei die Mehrheit im Senat gerade noch verteidigen konnte, so ist das Ergebnis der Kongresswahl für den US-Präsidenten niederschmetternd: Die Demokraten mussten im Abgeordnetenhaus mehr als 60 Sitze an die Republikaner abgeben. Man muss in der US-Geschichte schon zwei Generationen zurückgehen, um einen ähnlich dramatischen politischen Wettersturz zu finden. Auch wenn noch unklar ist, wie die Republikaner ihre neue Blockademacht einsetzen werden, so steht eines bereits fest: Zu den Punktsiegern der Kongresswahl zählt die konservative „Tea Party“-Basisbewegung. Deren Kandidaten eroberten zahlreiche Sitze im Abgeordnetenhaus und im Senat, auch wenn einige ihrer Vertreter – beispielsweise die ultrakonservative Christine ÒDonnell bei der Senatswahl in Delaware – durchfielen.

Die „Tea Party“-Bewegung hat bei der Wahl von einer weit verbreiteten Wut auf das politische Establishment in Washington profitiert. Zudem ist nach der Ansicht des amerikanischen Politikwissenschaftlers William Chandler die Rechnung der Republikaner und der „Tea Party“ aufgegangen, die Zwischenwahl zu einem Anti-Obama-Votum umzufunktionieren. Es ist nicht ungewöhnlich, dass amerikanische Wähler ihrem Präsidenten in der Mitte der Legislaturperiode einen Denkzettel verpassen. Allerdings muss es für Obama alarmierend sein, wie sehr seine Wählerschaft seit der Präsidentschaftswahl im Jahr 2008 geschrumpft ist. Angetreten mit den Versprechen „Hope“ und „Change“, mobilisierte Obama vor zwei Jahren nicht nur viele Jungwähler, sondern auch hispanischstämmige Anhänger, die ihm etwa den Sieg im Bundesstaat Colorado sicherten. Zu den Überraschungen von Obamas Wahlsieg im Jahr 2008 gehörte auch sein Erfolg im Süden des Landes – so waren es vor allem die schwarzen Wähler, die ihn in North Carolina ins Amt trugen. Doch mit der Kongresswahl vom vergangenen Dienstag hat sich die politische Landkarte in den USA wieder erheblich gewandelt: Allein bei den Wahlen zum Senat nahmen die Republikaner den Demokraten in gleich sechs Bundesstaaten Sitze wieder ab – in Illinois, Pennsylvania, Wisconsin, Arkansas, North Dakota und Indiana.

Es mag zwar auf den ersten Blick paradox erscheinen – aber nach der Ansicht des Politikwissenschaftlers Chandler könnte die absehbare innenpolitische Blockade dem US-Präsidenten neuen Freiraum in der Außenpolitik bescheren. Allerdings muss er sich bei Vertragsschlüssen auf internationaler Ebene stets das Plazet des Kongresses einholen. In Regierungskreisen in Berlin wird daher erwartet, dass Obama bei den internationalen Klimaverhandlungen angesichts der neuen Mehrheitsverhältnisse im Kongress künftig die Hände gebunden sind.

Für die Frage, ob sich Obama in zwei Jahren eine Chance auf seine Wiederwahl ausrechnen kann, wird aber am Ende die amerikanische Innenpolitik ausschlaggebend sein. Und dort wird sich Obama auf eine harte Auseinandersetzung mit dem Kongress gefasst machen. Zwar bleibt ihm noch der Senat als „erste Verteidigungslinie“, wie es der Experte Chandler ausdrückt. Aus diesem Grund werde der Präsident wohl nicht allzu oft von seinem Vetorecht Gebrauch machen müssen. Gleichzeitig könne er aber von den Republikanern kein großes Entgegenkommen erwarten. Denn die Devise der Partei werde in den kommenden zwei Jahren bis zur Präsidentschaftswahl wohl lauten: „Obstruktion statt Kooperation“.

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