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Christopher Larimer ist Professor für Politikwissenschaft an der University of Northern Iowa in Cedar Falls. Das Gespräch führte Anna Sauerbrey.

© Anna Sauerbrey

Kongresswahlen in den USA - Iowa: „Die Leute hier sind anders politisch“

Der Politikwissenschaftler Christopher Larimer erklärt die besondere Rolle Iowas in der amerikanischen Politik. Ein Interview.

Von Anna Sauerbrey

Warum ist Iowa bei amerikanischen Wahlen so wichtig?
Zum einen ist Iowa als „swing state“ interessant. Es ist einer jener Staaten, die in jüngerer Zeit immer wieder zwischen Demokraten und Republikanern hin und her gewechselt sind. Manche meinen, das sei mit 2016 erledigt, sie meinen, mit der Präsidentschaftswahl 2016 sei Iowa ein „roter“, also ein republikanischer Staat geworden. Zusammen mit meiner Kollegin Donna Hoffman habe ich viel zur Politik in Iowa geforscht – und wir sind eher der Ansicht, dass Iowa ein Wechselstaat bleiben wird. Wenn man sich anschaut, wie viele Wähler im Schnitt bei den Präsidentschaftswahlen 2008, 2012 und 2016 die Seite gewechselt haben, so sind das mehr als in anderen Staaten, auf die sich Analysten und Wissenschaftler nun stürzen.

Warum ist Iowa denn ein „swing state“?
Überrascht werden wir von den Ergebnissen hier wohl vor allem deshalb, weil wir über einen guten Teil der Wähler nicht viel wissen. Ungefähr ein Drittel der Wähler hier sind als Demokraten registriert, ein Drittel als Republikaner, und etwa ein Drittel hat sich für keine der Parteien registrieren lassen. Ob diese Wähler eher zu den Demokraten oder eher zu den Republikanern tendieren, wissen wir schlicht nicht. Deshalb gibt es immer ein größeres Potenzial für Überraschungen als in anderen Staaten, in denen diese Gruppen der Nicht-Registrierten besser erforscht sind.

Was macht Iowa noch so besonders?
In Iowa finden die ersten Vorwahlen innerhalb der Parteien zur Präsidentschaftswahl statt – alle Kandidaten kommen hierher und treten öffentlich auf, die Medienaufmerksamkeit ist riesig, oft zeigt sich schon hier, ob ein Kandidat im weiteren Verlauf des Rennens eine Chance hat. Bei den Wählern von Iowa sind die Erwartungen an den Zugang zu Kandidaten daher sehr hoch, sie sind eine sehr direkte Ansprache gewohnt. Ich bin ja mehr so der Statistiker, aber hier gibt es aus meiner Sicht tatsächlich so etwas wie ein qualitatives, kulturelles Element: In Iowa sind die Leute auf andere Weise politisch.

Wie sieht es mit dem Zuschnitt der Wahlkreise aus?
In Iowa sind die Wahlkreise nicht so stark „politisch“ zugeschnitten wie in anderen Staaten. In den USA ist es ein großer Sport, die Grenzen von Wahlkreisen neu zu ziehen, damit sie der einen oder anderen Partei zuneigen. Wir nennen das „gerrymandering“. In Iowa ist gesetzlich sehr eng geregelt, unter welchen Umständen Wahlkreisgrenzen geändert werden dürfen. Entschieden wird durch eine unabhängige Kommission. Die Tendenz der Wahlkreise ist also nicht ganz so festgelegt wie anderswo.

Denken Sie, die Demokraten schaffen es, umkämpfte Wahlbezirke wie den ersten und dritten Distrikt von Iowa zurückzugewinnen? Sie müssen ja landesweit 24 Sitze hinzugewinnen, um eine Mehrheit im Abgeordnetenhaus zu bekommen.

In Iowa sind Abgeordnete, die einen Wahlkreis verteidigen, klar im Vorteil. Das ist überall in den Vereinigten Staaten so, in Iowa aber besonders. Hier gewinnen häufig die Verteidiger, selbst wenn der nationale Trend gegen sie steht. Rein von den Zahlen her sieht es ja aus, als könnten die Demokraten es schaffen. Das zeigen Umfragen für diese Wahlkreise. Wir wissen auch, dass sich die Zustimmungswerte des Präsidenten auf die Wahlentscheidungen auswirken – und die sind ja weiterhin vergleichsweise niedrig. Aber wie gesagt, in Iowa muss man einige qualitative Besonderheiten berücksichtigen.

Christopher Larimer ist Professor für Politikwissenschaft an der University of Northern Iowa in Cedar Falls. Das Gespräch führte Anna Sauerbrey.

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