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Konjunkturpaket: Teile der CDU bleiben skeptisch

In der CDU zeigt sich Missfallen – manchen fällt die Konjunkturpolitik zu freigiebig aus. Denn die Milliarden, die jetzt ausgegeben werden, fehlen in Zukunft für Steuersenkungen. Doch gerade damit will die CDU im Wahlkampf für sich werben.

Von Robert Birnbaum

Skeptisch sei er, sagt Günther Oettinger, „sehr skeptisch“ sogar. Was den baden-württembergischen Ministerpräsidenten so bedenklich den Kopf wiegen lässt, ist ausgerechnet der Wahlkampfschlager der eigenen Partei: das Versprechen einer Steuerreform. So wichtig erschien CDU-Chefin Angela Merkel und Generalsekretär Ronald Pofalla bisher dieser Plan, dass sie schwere Konflikte mit der CSU und in der eigenen Partei in Kauf nahmen. Doch das Projekt gerät in eine Glaubwürdigkeitsfalle. Die Milliarden, die der Staat in der Krise ausgibt, fehlen als Spielraum für eine Steuersenkung. Und Oettinger ist nur der Erste aus der CDU-Spitze, der das offen ausspricht.

Noch während in Berlin das zweite Konjunkturpaket geschnürt wird, hat der Schwabe in einem „Handelsblatt“-Interview über dessen Folgen nachgedacht. Für das laufende Jahr werde, wenn es nicht allzu schlecht laufe, Deutschland trotz der beiden milliardenschweren Konjunkturpakete die Schuldengrenze des Maastricht-Vertrags halten können, glaubt Oettinger. Ob das 2010 auch noch gelinge, sei „nicht absehbar“, schon weil niemand wisse, wer ab Herbst die Bundesregierung stelle und was die beschließe. Wenn aber zu befürchten sei, dass die Maastricht-Grenze nicht zu halten sei, „dann sollten wir uns von der Idee, schon zum 1.1.2010 umfangreiche Steuersenkungen in Aussicht zu stellen, rasch verabschieden.“

Auch für die dann folgenden Jahre sieht Oettinger eher düster: Wer – richtigerweise – eine Schuldenbremse ins Grundgesetz schreibe und – sinnvollerweise – für die Sonderschulden durch Konjunkturpakete einen Tilgungsplan aufstelle, dem seien „enge Grenzen“ für Nettosteuersenkungen gesetzt. Denkbar sei höchstens eine Steuerreform mit Gegenfinanzierung. „Da gibt es schon Stellschrauben“, sagt Oettinger – Nachtzuschläge streichen zum Beispiel oder eine komplette Neuregelung der Pendlerpauschale. Der Christdemokrat weiß aber natürlich auch, dass Merkel seit dem fehlgeschlagenen Reformwahlkampf 2005 derlei Einschnitte scheut. Ein Wahlkampfschlager wäre eine solche Steuerreform jedenfalls nicht mehr.

Am Montagnachmittag im Fraktionsvorstand der CDU/CSU ist das Thema ebenfalls angesprochen worden – der Haushälter Steffen Kampeter teilte dort Oettingers Skepsis. Merkel war anwesend. Sie bekam noch mehr zu hören. Dass die CDU-Vorstandsklausur am Wochenende in Erfurt den Weg frei gemacht hat für Staatsbeteiligungen an Unternehmen und auch sonst der Kanzlerin praktisch freie Hand für jede denkbare Konjunkturmaßnahme gelassen hat, gefiel auch nicht jedem.

Fraktionsgeschäftsführer Norbert Röttgen sprach darum für viele, als er in der gut zweistündigen Debatte „Ordnung des Denkens in der Krise“ anmahnte und forderte, es müsse „Grenzlinien“ geben, „die wir nicht überschreiten dürfen“. Vier Punkte notierten Teilnehmer, an denen Röttgen Grenzen festmachte: Steuererhöhungen für einzelne Gruppen, Überschreitung der Maastricht-Schranke, Konsumanreize, die in Wahrheit nichts weiter sind als Branchenhilfen – und Staatsbeteiligungen an Unternehmen. Derlei sei allenfalls zu rechtfertigen, betonte Röttgen, wenn es „der Aufrechterhaltung des Marktes“ diene – keinesfalls bloß zur Rettung von Einzelfirmen. Merkel hat Röttgen für den klarstellenden Rat gedankt. Ob sie sich am Abend im Koalitionsgespräch im Kanzleramt daran halten wollte, berichteten Teilnehmer, sei aber eher nicht zu erkennen gewesen.

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