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Konrad Adam, Sprecher der AfD

© dpa

Konrad Adam: Der Mann, der von der Lügenpresse kam

Glaubenskrieg, Hetze gegen den Islam: Viele regen sich über einen Zeitungstext von AfD-Sprecher Adam auf. Dabei ist viel interessanter, was er als Journalist so schrieb.

Wer ist Konrad Adam? Vor einigen Wochen hätte sich diese Frage zur erschöpfenden Zufriedenheit der meisten so beantworten lassen: Konrad Adam ist der Mann, der auf den Fotos von AfD-Parteitagen immer neben Bernd Lucke steht.

Das ist vorbei, seit AfD-Sprecher Adam sich mit AfD-Sprecher Lucke ein öffentliches Duell zu der Frage liefert, ob die AfD von drei oder von einem Sprecher geführt werden soll. Lucke meint, dass einer, er selbst, reicht. Adam und die dritte Vorstandssprecherin Frauke Petry meinen hingegen, dass es auch sie braucht.

Es ist schwer zu erkennen, ob es dabei um eine reine Machtfrage geht oder um die inhaltliche Ausrichtung der AfD. Petry und Adam gelten als konservativer und näher an der Pediga-Bewegung. Noch schwerer ist es abzusehen, wie die Delegierten diese Frage auf dem Parteitag im Januar entscheiden.

Jedenfalls interessiert man sich jetzt auch dafür, was Adam so sagt. Das durfte er am vergangenen Wochenende erfahren, als er einen dieser kleineren deutschen Skandale auslöste.

In einer kurzen Erzählung in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung hatte Adam an die Seeschlacht von Lepanto im Jahr 1571 erinnert, bei der ein Bund von Spaniern, Maltesern und italienischen Kleinstaaten die Türken im Golf von Patras geschlagen hatte. Konrad berichtet davon im begeisterten Duktus eines Mannes vor seiner jahrzehntelang aufgebauten Sammlung von Miniaturkriegsschiffen.

Mut für den nächsten Kampf gegen die Türken?

Anstößig ist vor allem die Überschrift Wie die Christen schon einmal die Türken schlugen. Eine Zeile, die wirkt, als wolle sie Mut machen für den nächsten Kampf gegen die Muselmanen. Adam selbst macht allerdings die Zeitung für die Überschrift verantwortlich.

Spiegel Online nannte Adam dennoch einen Glaubenskrieger und warf ihm vor, "eine Frontstellung zwischen von der christlichen Tradition geprägten Europäern und einem angeblich expansiv-aggressiven Islam" herbeizureden. Der Tagesspiegel vermutet, Adam wollte den Pegida-Anhängern einen Mythos zum Weitererzählen liefern.

Kann man so sehen. Allerdings hat Adam in seinen Jahren als Journalist weit mehr Anlass geboten, ihm einen Kulturkampf gegen den Islam vorzuwerfen. Nur war er damals noch kein AfD-Politiker, sondern FAZ- und später Welt-Redakteur. Adams Texte sind wie eine Fieberkurve der Befindlichkeit vieler deutscher Konservativer seit dem 11. September.

Vor dem Anschlag auf das World Trade Center ist da vor allem distanzierte Skepsis: Der Islam, schrieb Adam, sei eine politische Religion, "deren Beitrag zur hiesigen Kultur im besten Falle unklar" sei. Nach 9/11 wird Adams Sprache schärfer. Unter den Muslimen fände sich ein "aggressives Sonderbewusstsein", das sich "im Festhalten an der Herkunftssprache, im Tragen von Schleier und Kaftan, im Besuch von Koranschulen" zeige.

Der Grund dafür ist in Adams Augen die Integrationspolitik seiner eigentlichen Gegner, den Multikulturalisten. Lange bevor die Deutschen in der Kontroverse um den Veggie-Day das Schreckgespenst einer links-grünen Bevormundung entdeckten, lange bevor sich Matthias Matussek als Gottvater der unterdrückten Konservativen inszenierte, schimpfte Adam schon mit großer Wut auf ein Milieu, das "mit Hilfe einer politisch korrekten Sprache" eigene Vorstellungen durchsetze und andere verpöne.

Das war die Zeit als Otto Schily seinen Anti-Terror-Kampf mit den Stimmen der Grünen durchdrückte. Schon nicht ganz einfach, sich zu dieser Zeit eine linksgrüne Diskurshegemonie zurechtzubasteln. Doch dann kamen die Anschläge von Madrid und London und der Mord am niederländischen Filmemacher Theo van Gogh. Und Adams Ausgrenzungsfantasien wurden noch stärker.

Die Multikulturellen repräsentierten die stärkste Leitkultur im Land, schrieb er. Den Schriftsteller Feridun Zaimoglu und andere nannte er "Vollzugsbeamte des politisch korrekten Denkens und Sprechens". Dieses "juste milieu" fordere "seine Opfer, Sprach- und Gesinnungsopfer". Und schließlich: "Es schafft ein Klima, in dem der Extremismus beider Seiten gut gedeiht."

Man könnte das als Teil des jahrzehntealten, ritualisierten Kampfes zwischen 68ern und ihren Eltern belächeln. Adam aber zieht eine Linie vom vorgeblichen Gutmenschentum der Linken zu einer akuten Überfremdungsgefahr: "Migranten aus aller Welt haben das verstanden und sich danach gerichtet. Sie kamen eilends und sind nun da und werden in den Häusern, den Vierteln, den Städten und den Regionen Schritt für Schritt die Überhand gewinnen, da sie im Unterschied zur deutschen Stammbevölkerung Kinder noch nicht für überflüssig halten."

Dort, wo Pegida heute ist

Mitte der Zweitausender ist Adam dort angelangt, wo Pegida heute ist: "Was zählt, ist das, was immer zählte, die Zugehörigkeit zu einem Volk und einer Religion, Abstammung und Glaube also", schrieb er. "Im Falle des Islam ist das ein Glaube, der, um mit Samuel Huntington zu sprechen, blutige Ränder hat. Kein Satz aus seinem bekannten Buch über den Krieg der Kulturen ist heftiger angefeindet worden als dieser; und keiner hat sich als richtiger erwiesen."

Die AfD kokettiert bis heute damit, als Anti-Establishment-Partei von der Presse systematisch ignoriert und falsch dargestellt zu werden. Dabei stand das, was die Pegida-Demonstranten und die AfD-Anhänger heute rufen, schon vor zehn Jahren in Adams Kommentaren von FAZ und Welt. "Lügenpresse" ist also vielleicht das falsche Wort. Impulsgeber wäre treffender.

Erschienen bei Zeit Online

Christian Bangel

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