zum Hauptinhalt
Ort der Auslöschung: Der Name Auschwitz ist die Chiffre schlechthin für für den Holocaust. Nach den letzten überlebenden Tätern will Polens Justiz jetzt fahnden. Foto: J. Bednarczy/pa-dpa

© picture-alliance/ dpa

Konzentrationslager: Auschwitz: Polen fahndet nach Mittätern

Polens Justiz nimmt die Suche nach den letzten noch lebenden KZ-Angestellten in Auschwitz wieder auf. 500 Ex-Häftlinge sollen befragt werden.

Mehr als 65 Jahre nach dem Völkermord an den Juden will die polnische Justiz erneut nach ehemaligen Mitarbeitern des nationalsozialistischen Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau suchen. „Wir können nicht ausschließen, dass noch jemand von ihnen lebt“, erklärte der Staatsanwalt Piotr Piatek.

Polen nimmt damit Ermittlungen aus den 70er Jahren wieder auf. Die kommunistische Volksrepublik Polen verurteilte schon unmittelbar nach dem zweiten Weltkrieg und bis Mitte der 50er Jahre Lagermitarbeiter. Die ehemaligen Kommandanten Rudolf Höß und Arthur Liebehenschel und 19 weitere Deutsche wurden hingerichtet. Die Ergebnisse polnischer Ermittlungen wurden auch in den Auschwitzprozessen in Deutschland verwendet, die in den 60er und 70er Jahren in Frankfurt am Main stattfanden. Die Staatsanwaltschaft beklagt in einer Mitteilung, dass Österreich dagegen weitgehend darauf verzichtet habe, ehemaliges Auschwitz-Personal zu verfolgen. „Die meisten Verdächtigten wurden freigesprochen, oder es kam gar nicht zu einer Anklage“, heißt es dort.

Die neuen Ermittlungen führt die Staatsanwaltschaft des „Instituts für das nationale Gedächtnis“ (IPN) in Krakau, das für die Aufarbeitung der polnischen Geschichte zuständig ist. Das Institut beschäftigte sich bisher vor allem mit der kommunistischen Volksrepublik Polen. Wie die sogenannte Gauck-Behörde in Deutschland verwaltet es die Unterlagen des damaligen Geheimdienstes. Es überprüft, ob Abgeordnete und Regierungsmitglieder als Spitzel arbeiteten, und leitete ein Strafverfahren gegen den letzten Staatschef der Volksrepublik Polen Wojciech Jaruzelski ein. In den vergangenen Jahren nahm die Kritik am IPN immer mehr zu – die nach den jüngsten Wahlen drittstärkste Kraft im Parlament, die antiklerikale „Palikot-Bewegung“, verlangt sogar seine Auflösung. Die Wiederaufnahme der Ermittlungen zum KZ Auschwitz könnten dem IPN eine neue Legitimation verschaffen, bemerken Beobachter.

Die Behörde kündigte an, alle rund 500 noch lebenden ehemaligen Gefangenen des Lagers zu befragen, um überlebende Täter zu finden. In einem Appell wendet sich das IPN auch an „alle, die Wissen über die Funktionsweise des Lagers und die dort begangenen Verbrechen“ besitzen, sich zu melden. Die Behörde hat auch zahlreiche Institutionen im Ausland um Hilfe gebeten. Die Ermittlungen sollen die Geschichte des Konzentrationslagers und seine Organisation genau rekonstruieren. Das IPN will dabei auch die Menschenversuche des Lagerarztes Josef Mengele beschreiben.

Die deutschen Besatzer ermordeten im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau im südlichen Polen zwischen 1940 und 1945 rund 1,1 Millionen Menschen, viele von ihnen waren polnische Staatsbürger jüdischer Abstammung. Das Lagergelände soll in den kommenden Jahren für 120 Millionen Euro aufwändig restauriert werden, insbesondere die Holzbaracken der Gefangenen. Deutschland steuert zur Restaurierung 60 Millionen Euro bei.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false