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Kopenhagen: UN-Klimagipfel droht zu scheitern

In Kopenhagen wächst die Skepsis, dass der Klimagipfel zu einem positiven Abschluss kommt. Scharfe Kritik gibt es an Gastgeberland Dänemark.

Der Kopenhagener Klimagipfel steckt unmittelbar vor dem Abschluss in einer akuten Krise. Wie aus der Umgebung des Konferenzpräsidenten und Ministerpräsidenten Lars Løkke Rasmussen verlautete, wollen die Dänen keinen Entwurf für ein Klimaabkommen mehr vorlegen. Man wolle den am Gipfel beteiligten Ländern nun den Verhandlungsprozess selbst überlassen, berichtete die Nachrichtenagentur Ritzau. Damit liegt der Erfolg des Gipfels in den Händen der Staats- und Regierungschefs, die am Donnerstag nach Kopenhagen reisen.

Zuvor hatte es aus dänischen Delegationskreisen geheißen, das Ziel eines umfassenden Klimaabkommens sei bereits zugunsten einer relativ kurzen Schlusserklärung aufgegeben worden. Diese Meldung wurde wenig später jedoch wieder bestritten. Auch das Gerücht, die Dänen wollten den widerstrebenden Schwellen- und Entwicklungsländern ein Ultimatum stellen, bewahrheitete sich nicht.

Die EU hatte sich hinter den Kulissen noch am Donnerstag dafür eingesetzt, möglichst schnell den seit dem Wochenende angekündigten Entwurf für einen Vertragstext vorzulegen. Aus diplomatischen Kreisen hieß es: "Die Voraussetzungen für einen Vertrag sind da, aber ohne funktionierende Verhandlungen kann es nicht weitergehen."   Wie der dänische Rundfunk berichtet, verweigerten China und Brasilien in der Nacht die Fortsetzung informeller Verhandlungen über einen Vertragstext für das Klimaabkommen. In Medienberichten hieß es am frühen Morgen, dass in der chinesischen Delegation ein "operatives Abkommen" inzwischen ausgeschlossen werde. Peking halte nur noch einer kurze Schlusserklärung für möglich. Der chinesische Delegationsleiter warnte die Dänen davor, einen Textentwurf ohne echte Verhandlungsfortschritte vorzulegen.

Der chinesische Ministerpräsident Wen Jiabao, der am Mittwochabend in Kopenhagen eintraf, sagte laut chinesischen Medien dagegen, seine Regierung sei "höchst ernsthaft und entschlossen, die Tagesordnung voranzubringen".

Mehrere Vertreter von Schwellen- Entwicklungsländern hatten bereits vor dem ergebnislosen Abbruch der nächtlichen Verhandlungen erklärt, sie fühlten sich übergangen und könnten keinen Sinn in weiteren Gesprächen sehen.

Vor allem die Verhandlungsführer aus Brasilien, China, dem Senegal und dem Sudan sind mit der Verhandlungsführung der Dänen während des UN-Klimagipfels in Kopenhagen unzufrieden. Sie kritisierten das Gastgeberland wegen mangelnder Transparenz und geheimer Absprachen. Die Gruppe der Entwicklungsländer G 77, vor allem aber auch aufstrebende Volkswirtschaften wie China und Brasilien, warfen Dänemark zudem Einseitigkeit zugunsten der Industriestaaten vor.

Auch die EU zeigte sich besorgt über ein mögliches Scheitern des Gipfels. "Es sieht nicht gut aus. Wir sind immer noch bei Verfahrensfragen", verlautete am Donnerstag aus der Delegation der schwedischen EU-Ratspräsidentschaft. Auch der britische Premierminister Gordon Brown und der norwegische Ministerpräsident Jens Stoltenberg äußerten sich wegen der Verzögerungen und fehlender Fortschritte bei den Gesprächen skeptisch über die Erfolgsaussichten.

In Washington bemühte sich unterdessen US-Präsident Barack Obama vor seinem Abflug nach Kopenhagen um ein greifbares Ergebnis des Weltklimagipfels. In Telefonaten mit seinem brasilianischen Kollegen Luiz Inacio Lula da Silva und dem Premier der Karibikinsel Grenada, Tillman Thomas, versuchte Obama nach Angaben des Weißen Hauses, "ein positives Ergebnis in Kopenhagen voranzubringen". Der US-Präsident sprach sich für eine Einigung bei dem Gipfel aus. Allerdings müssten Kontrollmechanismen vereinbart werden, um die Einhaltung von Emissionsgrenzen zu überwachen.

Insgesamt verhandeln in Kopenhagen 192 Länder. Bis Freitag sollen sie sich über die Eckpfeiler eines neuen Weltklimaabkommens einigen, das 2013 an die Stelle des Kyoto-Protokolls zur Senkung der gefährlichen Treibhausgase treten soll.

Nach derzeitigem Verhandlungsstand dürften die beiden bisherigen Verhandlungsstränge der Konferenz auch in zwei getrennte Abkommen münden - einer setzt das Kyoto-Abkommen fort, dem die USA nie beigetreten sind und das verpflichtende Reduzierungen von Treibhausgasen für die Industriestaaten vorsieht. Der andere Strang beruht auf der Klimakonvention von Rio de Janeiro von 1992, die alle Länder umfasst, aber noch keine bindenden Verpflichtungen enthält. 

Die Abschlusspapiere, die der Deutschen Presse-Agentur dpa vorliegen, sind wesentlich schwammiger als die vorangegangenen Entwürfe. Das Papier des maltesischen Klima-Experten und UN-Urgesteins Michael Zammit Cutajar zur Konvention enthält nun die Ziele von 1, 1,5 oder 2 Grad für die maximale Erderwärmung. Die Industrieländer sollen ihre Treibhausgase um 75 bis über 95 Prozent von 1990 bis 2050 reduzieren.

Am Donnerstag kündigte Japan an, es werde bis 2012 insgesamt 15 Milliarden US-Dollar (10,4 Mrd. Euro) zum internationalen Klima-Fonds für Entwicklungsländer beisteuern.  

Quelle: ZEIT ONLINE, dpa

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