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Politik: Korea klont – Deutschland streitet

Forschungserfolge mit Zellen von Kranken / Kanzler will zunächst bei Verbot bleiben, aber sich „bewegen“

Berlin Nach erfolgreichen Klonexperimenten in Südkorea und Großbritannien ist in Deutschland die Debatte um eine Änderung des Stammzellengesetzes neu entbrannt. Wissenschaftlern aus Südkorea gelang es erstmals, Stammzellen „nach Maß“ für schwer Kranke zu klonen. Dabei hatten sie Körperzellen Kranker in einen embryonalen Zustand zurückversetzt. Nahezu zeitgleich gelang es britischen Forschern, erstmals in Europa drei menschliche Klone zu erzeugen.

Die südkoreanischen Forscher hatten vor 15 Monaten zum ersten Mal Stammzellen aus einem geklonten Embryo gewonnen. Nun gelang ihnen erneut ein Durchbruch. Hatten sie vor Jahresfrist noch mehr als 200 Eizellen benötigt, um in einem Fall Stammzellen zu gewinnen, fiel die Erfolgsquote nun elfmal so günstig aus. Das Augenmerk der Gentechniker gilt dabei nicht der Geburt eines geklonten Menschen, sondern dem therapeutischen Klonen. Sie wollen mit der künstlichen Produktion von Embryonen Stammzellen gewinnen. Mit diesen sollen eines Tages gezielt Zellen oder Organe gezüchtet werden, um Krankheiten wie Parkinson und Diabetes zu heilen. Die Forscher hoffen, dass der Körper des Patienten das geklonte Material nicht abstößt, weil er es als körpereigen wiedererkennt.

Trotz der Forschungserfolge strebt die Bundesregierung derzeit keine Lockerung des Embryonenschutzes an. Fürs Erste sei in Deutschland eine „vernünftige Balance“ zwischen der Nutzung von Chancen und der Eingrenzung von Risiken gefunden, sagte Regierungssprecher Béla Anda in Berlin. Ausdrücklich wies er einen Bericht zurück, wonach Kanzler Gerhard Schröder (SPD) Koalition und Öffentlichkeit für einen biopolitischen Kurswechsel gewinnen wolle. In zwei Jahren sollten die gesetzlichen Regelungen aber überprüft werden, sagte Anda. „Deutschland ist bereit, sich in diesem sensiblen Bereich zu bewegen.“

Würden therapeutische Anwendungen in der Medizin möglich, müsse „die Debatte über gesetzliche Regelungen neu geführt werden“, sagte auch Forschungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD). FDP-Chef Guido Westerwelle forderte, das therapeutische Klonen in Deutschland komplett freizugeben. Es sei besser, „wenn wir selbst die besten und modernsten Medikamente und Heilverfahren herstellen, als dass wir sie künftig im Ausland teuer einkaufen müssen“, sagte er und kündigte eine Bundestagsinitiative an. Politiker von SPD, Grünen und CDU/CSU sowie die Kirchen warnten hingegen vor den Folgen für die Menschenwürde.

Der Vorsitzende der Ethik-Enquetekommission, René Röspel (SPD), sagte, die gewonnenen Stammzellen hätten immer noch genetische Krankheiten und seien daher nicht einsetzbar. Außerdem würden Embryonen für die Versuche zerstört, und es bestünde die Gefahr, dass sich Eizellspenderinnen etwa aus der Dritten Welt für ein „Zubrot“ zur Verfügung stellten. Die ethische Bewertung des Forschungsklonens dürfe nicht von wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Erfolgen abhängig gemacht werden, forderte Thomas Rachel (CDU). Andernfalls, so warnte der CSU-Europaabgeordnete Bernd Posselt, werde einem „neuen Kannibalismus“ Tür und Tor geöffnet. Der forschungspolitische Sprecher der Grünen, Hans-Josef Fell, sagte, das Klonen von Menschen sei „nicht hinnehmbar – auch nicht zu Forschungszwecken“. Tsp

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