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Politik: Korea: Virtueller Weg zur Einheit

Bilder machen Politik: Im Juni reichten sich die Führer Nord- und Südkoreas vor den Kameras der Welt zum ersten Mal seit dem Kriegsende 1953 die Hände. Im August sah man die Tränen in den Augen der Koreaner, die nach Jahrzehnten der Trennung ihren Familien aus dem anderen Landesteil begegneten.

Bilder machen Politik: Im Juni reichten sich die Führer Nord- und Südkoreas vor den Kameras der Welt zum ersten Mal seit dem Kriegsende 1953 die Hände. Im August sah man die Tränen in den Augen der Koreaner, die nach Jahrzehnten der Trennung ihren Familien aus dem anderen Landesteil begegneten. Vor wenigen Tagen folgte der gemeinsame Einzug der Sportler aus Nord- und Südkorea bei den Olympischen Spielen in Sydney. Symbole für Koreas Weg zur friedlichen Wiedervereinigung?

Seit dem historischen Treffen des südkoreanischen Präsidenten Kim Dae Jung und Nordkoreas selbst ernanntem "Lieben Führer" Kim Jong Il gab es viele Verhandlungen, aber kaum konkrete Ergebnisse. Nach dem einmaligen Besuch von je hundert Nord- und Südkoreanern im anderen Teil im August konnte man sich auf kein regelmäßiges Austauschprogramm einigen. Ähnlich bei der angekündigten Eisenbahnlinie Seoul-Pjöngjang: Zwar eröffnete Kim Dae Jung mit einem Staatsakt die Bauarbeiten im Süden, aus dem Norden aber gibt es keine Hinweise, dass dort jemals neue Schienen verlegt werden.

Für Seoul waren die Verhandlungen eine Enttäuschung. In den entscheidenden Punkten herrscht Stillstand. Südkoreas Vorschläge zur militärischen Entspannung und der schrittweisen Reduzierung der rund zwei Millionen Soldaten entlang der Demarkationslinie hat Pjöngjang abgelehnt. Auch in der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, die die Hungersnot in Nordkorea lindern könnte, gibt es nur vage Versprechen. Pjöngjangs Delegierte beharren auf der planwirtschaftlichen Juche-Doktrin. Eine ökonomische Öffnung wie in China lehnt Nordkorea als Verrat an den Kapitalismus ab.

Das Versteckspiel der Nordkoreaner in den Verhandlungen sorgt im Süden mittlerweile für Skepsis. Benutzt das Regime die Gespräche nur - wie schon das Gipfeltreffen 1991 -, um sich international aufzuwerten? Soeben bat Pjöngjang förmlich um die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit Berlin und anderen EU-Staaten - was wegen der krassen Menschenrechtsverletzungen bisher stets abgelehnt worden war. Wenn es bei den ersten direkten Abrüstungsgesprächen der Verteidigungsminister an diesem Montag wieder keine Fortschritte gibt, könnte Kim Dae Jung im Süden unter Druck geraten. Seine "Sonnenscheinpolitik" wird nur geduldet, wenn er Erfolge aufweisen kann.

Harald Maass

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