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Ein Mann mit einer Maske, die Spaniens Premier Rajoy zeigt, hält sich ein Auge zu und legt den Finger an die Lippen.

© AFP

Korruptionsskandal in Spanien: Das laute Schweigen des Premiers

Spanien wird von einem Korruptionsskandal erschüttert. Regierungschef Mariano Rajoy gerät zunehmend unter Druck: Er soll von den Schwarzgeldzahlungen gewusst haben.

Als Spaniens konservativer Ministerpräsident Mariano Rajoy noch das Gefühl hatte, dass die Lage unter Kontrolle war, betonte er , er fürchte die Wahrheit nicht: „Ich habe nichts zu verbergen.“ Doch die Zeiten haben sich geändert. Nun vergeht kein Tag, an dem nicht neue unbequeme Einzelheiten über Rajoys mutmaßliche Rolle in einem großen Korruptions- und Bestechungsskandal in seiner konservativen Volkspartei (PP) herauskommen. Und plötzlich verfällt Rajoy, der seit Ende 2011 an der Regierungsspitze steht und seit 2004 Parteivorsitzender ist, in ein großes Schweigen.

Wenn die Vorwürfe stimmen, die Rajoys früherer Vertrauter und PP-Schatzmeister Luis Bárcenas erhebt, dann waren in Spaniens Volkspartei die Korruption, illegale Finanzierung und Schwarzgeldzahlungen an Parteiführer jahrelang an der Tagesordnung. Am Montag sagte Bárcenas nach Angaben aus Justizkreisen vor einem Untersuchungsrichter aus und beschuldigte Rajoy, vor drei Jahren 25 000 Euro in bar aus einer schwarzen Parteikasse angenommen zu haben. Er habe dem damaligen Oppositionsführer die Summe im März 2010 in 500-Euro-Scheinen übergeben. Der Skandal erschüttert die Glaubwürdigkeit der konservativen Regierung, welche den Bürgern des Euro-Krisenlandes einen Sparkurs mit immer mehr Kürzungen und Steuern verordnet hat. Rajoy soll laut Bárcenas alles gewusst, vertuscht und sich auch selbst bereichert haben.

Der Druck steigt, die Opposition fordert Erklärungen, sogar den Rücktritt. Doch Rajoy hat offenbar beschlossen, lieber nichts mehr zu dem heißen Thema zu sagen: Er weigert sich, im Parlament Stellung zu nehmen, und beantwortet auch keine Fragen der Medienvertreter. Er lässt die spanische Öffentlichkeit mit dem unguten Gefühl zurück, dass der Partei- und Regierungschef bisher vielleicht doch nicht ganz ehrlich war, als er die schweren Vorwürfe mit dem knappen Satz zurückwies: „Das ist alles falsch.“

Rajoys Verteidigungsstrategie zielt bisher darauf, Bárcenas als Alleintäter darzustellen. Bárcenas, der wegen der Vorwürfe der Bestechlichkeit sowie Steuerhinterziehung in Untersuchungshaft sitzt und in Finanzparadiesen bis zu 50 Millionen Euro gebunkert hatte, sei ein „Lügner“ und ein „Verbrecher“, feuert die Parteiführung aus allen Rohren. Bárcenas scheint nun in der Partei zum Abschuss freigegeben – freilich erst seit er auszusagen begann. Früher wurde noch mit diskreteren Waffen gekämpft, um Unheil abzuwenden: Rajoy und seine Parteianwälte sollen monatelang versucht haben, Bárcenas zum Schweigen zu bringen. Mit Geld, Amnestieversprechen und auch Drohungen, wie die Zeitung „El Mundo“ berichtete.

„El Mundo“, politisch den Konservativen näher stehend als den Sozialisten, veröffentlichte ziemlich eindeutige telefonische Kurznachrichten zwischen Bárcenas und Rajoy. Diese legen nahe, dass Spaniens Regierungschef persönlich versucht hatte, den Finanz- und Korruptionsskandal unter der Decke zu halten. „Luis, wir tun, was wir können“, lautete eine SMS, welche Rajoy an seinen Ex-Vertrauten schickte, als Bárcenas von der Justiz immer weiter in die Enge getrieben wurde. Und Rajoy ermahnte demzufolge seinen Ex-Schatzmeister, beim Verhör alles zu leugnen: „Sei stark!“

Inzwischen ist Bárcenas doch umgefallen, weil er sich von seinem früheren Chef Rajoy verlassen und als Sündenbock abgestempelt fühlt. Er übergab dem Untersuchungsrichter Dokumente, die beweisen sollen, dass nicht er der „Lügner“ ist, sondern dass möglicherweise Rajoy nicht durchweg die Wahrheit sagt. Im Belastungsmaterial findet sich die geheime Buchhaltung der Partei mit Großspenden von Bauunternehmern, welche dafür mit Aufträgen konservativer Amtsträger in Rathäusern und Regionen belohnt worden sein sollen. Und Belege über jene geheime „schwarze Kasse“, mit der angeblich illegal Wahlkämpfe und hohe „Extrazahlungen“ an Rajoy und weitere Parteiführer finanziert wurden. mit AFP

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