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Auf der Suche nach besseren Behandlungsmöglichkeiten. Ein Radiologe deutet im Referenzzentrum Mammographie am Uniklinikum Münster auf eine Auffälligkeit in einer weiblichen Brust.

© picture alliance / dpa

Krankenkassen kritisieren Berlin und Brandenburg: Mit dem Krebsregister in Verzug

Mit der systematischen Sammlung von Patientendaten will der Bund die Behandlung von Krebskranken verbessern. Doch einige Länder sind mit dem Aufbau der Register schwer in Verzug.

Um die Behandlung von Krebskranken zu verbessern, hat der Gesetzgeber vor drei Jahren alle Bundesländer verpflichtet, bis 2018 klinische Krebsregister aufzubauen. Doch einem Gutachten zufolge sind fünf damit so in Verzug, dass sie das kaum noch schaffen werden. Gefährdet ist die fristgerechte Umsetzung unter anderem Berlin und Brandenburg.

Nur drei Länder liegen im Zeitplan

Aus heutiger Sicht lägen nur drei Länder im Zeitplan, heißt es in der von den Krankenkassen in Auftrag gegebenen Studien Berlin präsentiert wurde. Dabei handelt es sich um Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und das Saarland. Mit großen Risiken behaftet sei die termingerechte Realisierung dagegen in acht der 16 Bundesländer, sagte Gutachter Marcel Hölterhoff von der Prognos AG. Und als „sehr unwahrscheinlich“ stufte er das Einhalten der Zielvorgabe für Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Berlin und Brandenburg ein.

Die Chefin des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV), Doris Pfeiffer, forderte die Länder auf, sich „auf den Hosenboden zu setzen“ und das Projekt „schnell und konsequent“ anzugehen. Noch sei es auch für die Nachzügler nicht zu spät, die Gesetzesvorgaben zeitgerecht zu erfüllen. Die geforderten Datensammlungen seien schließlich „kein Selbstzweck“. Sie hätten „das klare Ziel, die Versorgung von Krebskranken qualitativ zu verbessern“.

Von der Diagnose bis zur Überlebensrate

Anders als bei bisherigen epidemiologischen Zusammenstellungen, die lediglich Auskunft über die Verbreitung von Krebserkrankungen nach Alter, Geschlecht und Wohnort geben, geht es bei den klinischen Registern auch um den Krankheitsverlauf und die Behandlung. Systematisch gesammelt werden sollen darin sämtliche Daten von der Diagnose über einzelne Behandlungsschritte bis hin zur Nachsorge, zu Rückfällen und zur Überlebensrate. Gleichzeitig sollen sie Einblick ermöglichen, inwieweit sich die Ärzte an medizinische Leitlinien halten und ob Patienten regional besser oder schlechter behandelt werden.

Neben fehlenden Landesgesetzen und noch nicht arbeitsfähigen Einrichtungen beschreibt der Bericht vor allem Probleme bei Datenerfassung, Datenverarbeitung und länderübergreifender Vernetzung. Sanktionsmöglichkeiten gegenüber den Ländern gibt es nicht. Jedoch steht im Gesetz, dass die Versicherer das Projekt, sofern bestimmte Kriterien nicht erfüllt sind, nicht finanzieren dürfen.

Den Plänen zufolge haben die Kassen 90 Prozent der Kosten zu tragen, für den Rest kommen die Länder auf. Schätzungen zufolge schlägt das Projekt pro Jahr mit 50 Millionen Euro zu Buche.

Brandenburg und Berlin wollen ein gemeinsames Register

Anders als alle anderen Bundesländer haben sich Berlin und Brandenburg entschieden, ihr klinisches Krebsregister gemeinsam zu betreiben. Allerdings ist die Ausgangslage beider Länder dabei sehr unterschiedlich. In Brandenburg existieren schon seit Mitte der 90er Jahre umfassende Strukturen einer klinischen Krebsregistrierung. In Berlin gibt es erst seit der Einführung einer Meldepflicht für Krebserkrankungen im Jahr 2011 entsprechende Einrichtungen an Tumorzentren. Diese fünf Register sind jedoch nicht flächendeckend.

Dass beide Länder jetzt mit dem gemeinsamen Register nicht zeitgerecht zu Potte kommen, liegt den Gutachtern denn auch nicht an Brandenburg, sondern vor allem an Berlin. Für den Stadtstaat seien drei Jahre nach dem Gesetzesauftrag "praktisch noch keine Förderkriterien erfüllt", heißt es in der Studie der Prognos AG. Während die Strukturen zur Erfüllung der Förderkriterien in Brandenburg lediglich eines Umbaus bedürften, müssten sie in Berlin "erst noch aufgebaut werden".

Jährlich 500.000 Neuerkrankungen

Krebs ist in Deutschland nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen die zweithäufigste Todesursache. Jährlich gibt es rund 500.000 Neuerkrankungen - und trotz neuer Therapien stirbt nach wie vor jeder zweite Krebspatient an seinem Leiden.

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