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Politik: Krawalle in Pakistan

Hunderte Festnahmen nach Verhängung des Ausnahmezustandes / Bhuttos Sprecher: Deal mit Musharraf tot

Berlin - Zwei Tage nach Verhängung des Ausnahmezustandes ist es am Montag in Pakistan zu heftigen Ausschreitungen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften gekommen. Um die Proteste gegen die Regierung zu beenden, setzte die Polizei in den großen Provinzhauptstädten Karatschi und Lahore Tränengas und Schlagstöcke ein. Hunderte Oppositionelle wurden festgenommen – um weitere Unruhen zu verhindern, wie die Regierung argumentiert. Offiziell werden 500 Festnahmen gemeldet, Oppositionsparteien berichten von mindestens 2000 Festnahmen.

Präsident Pervez Musharraf hatte den Ausnahmezustand verhängt und die Verfassung außer Kraft gesetzt, dies mit der Gefahr durch Islamisten und unbotmäßigem Verhalten der Justiz begründet. Das Oberste Gericht hätte über eine Klage zu entscheiden gehabt, ob Musharraf sich Anfang Oktober als Präsident hätte bestätigen lassen dürfen. Noch am Samstag hatte Musharraf den Obersten Richter des Landes, Ifthikar Chaudhry, auswechseln und weitere Richterposten mit Günstlingen besetzen lassen.

Wie im Sommer, als Musharraf schon einmal versucht hatte, den unabhängigen Chaudhry abzusetzen, gingen am Montag viele Anwälte trotz der enormen Präsenz der Sicherheitskräfte auf die Straße. Nach pakistanischen Medienberichten verhinderten Juristen in einigen Fällen, dass unter der Ausnahmezustandregelung eingesetzte Richter ihren Dienst antreten konnten. Die Medien, die Musharraf als „unverantwortlich in ihrer Berichterstattung“ kritisiert hatte, wurden zu Wochenbeginn weiter in die Zange genommen. In Karatschi stürmten Polizisten die Redaktion der größten Mediengruppe Jang und versiegelten die Druckmaschinen. Der Bürochef von Geo TV in Islamabad sagte, sein Sender sei derzeit nur über Satellit zu empfangen. Seinen Reportern sei es verboten, sich zum Beispiel dem Obersten Gericht überhaupt zu nähern, er wisse von mindestens 25 Journalisten, die verhaftet worden seien. Außerdem gibt es jetzt klare Richtlinien für die Medien, die den Journalisten praktisch verbieten, die Regierung zu kritisieren.

Das Weiße Haus verurteilte den Ausnahmezustand und forderte Musharraf auf, „auf den Weg zur Demokratie“ zurückzukehren. Die US-Regierung sei zutiefst besorgt über die jüngste Entwicklung, sagte Sprecherin Dana Perino. „Wir können den Ausnahmezustand oder die extremen, unter dem Ausnahmezustand ergriffenen Maßnahmen nicht unterstützen.“ Als Reaktion auf die Geschehnisse vom Wochenende verschoben die USA Gespräche mit Pakistan zur Zusammenarbeit in Verteidigungsfragen.

Ein pakistanischer Diplomat sagte dem Tagesspiegel, die Regierung warte jetzt auf das Urteil des neu besetzten Obersten Gerichts über die Präsidentenwahl. Es werde innerhalb der kommenden zwei Wochen fallen. Danach sollen – „so die Umstände es erlauben“ – innerhalb der nächsten 90 Tage Wahlen stattfinden. Ursprünglich hatten Ex-Premier Benazir Bhutto und Musharraf gemeinsam nach Möglichkeiten gesucht, ihr die Rückkehr als Regierungschefin und ihm den Verbleib im Präsidentenamt zu garantieren. Bhuttos Parteisprecher sagte dazu dem Tagesspiegel: „Der Deal ist tot.“ Auch wenn demnächst Wahlen stattfinden würden, wären diese auf keinen Fall frei, sondern manipuliert. Bhutto werde sich am Mittwoch in Islamabad mit anderen Oppositionsführern treffen, um über das weitere Vorgehen zu beraten.

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