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Politik: Krebshilfe nennt Rot-Grün unglaubwürdig

„Deutschland blockiert internationales Abkommen zur Tabakwerbung“ / Mit Steuererhöhung könne nicht vorgebeugt werden

Berlin. Im Kampf gegen das Rauchen macht die Bundesregierung nach Ansicht der Deutschen Krebshilfe eine unglaubwürdige Politik. Als einziges EU-Land blockiere Deutschland Kernpunkte des internationalen Abkommens zur Tabakkontrolle und vor allem das Tabakwerbeverbot, kritisierte die Präsidentin der Krebshilfe, Dagmar Schipanski, am Montag. Mit dem Argument der Prävention wolle Rot-Grün die Tabaksteuer um einen Euro pro Schachtel erhöhen. Aber gegen ein Werbeverbot streube sich die Bundesregierung „mit Händen und Füßen“.

Die 192 Mitgliedstaaten der Weltgesundheitsorganisation wollen am 21. Mai in Genf ein Tabakkontrollabkommen unterzeichnen. Zentrale Forderungen sind ein Tabakwerbeverbot und Maßnahmen gegen den Tabakschmuggel. Die EU-Delegation kann das Abkommen nur einstimmig unterzeichnen.

Zahlreichen Appellen von Ärzten und Selbsthilfe-Gruppen zum Trotz sieht Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) aber kaum Chancen für ein völliges Verbot von Tabakreklame in Deutschland. Sie glaube nicht, dass es dieses geben werde, sagte Schmidt am Montag. Nach Angaben eines Ministeriumssprechers will die Bundesregierung dem Abkommen zwar grundsätzlich zustimmen, aber in einer Protokollergänzung Vorbehalte gegen das Tabakwerbeverbot äußern. Begründung: Es gebe verfassungsrechtliche Bedenken, weil durch das Verbot das Recht der Unternehmen auf freie Berufsausübung zu stark eingeschränkt werde.

„Diese Bremserhaltung ist nicht verständlich“, kritisiert Rolf Rosenbrock, Mitglied im Gesundheits-Sachverständigenrat. Eine Erhöhung der Tabaksteuer „verpufft wirkungslos“, wenn es keine abgestimmte Anti-Tabak-Strategie gebe. Schon nach einigen Jahren steige der Tabakkonsum wieder. Nach Ansicht von Rosenbrock, der zugleich Gesundheitsforscher am Berliner Wissenschaftszentrum ist, muss eine massive Erhöhung der Tabaksteuer zwar im Mittelpunkt einer Anti-Tabak-Initiative stehen, reiche aber allein nicht aus. Ulla Schmidt dagegen erhofft sich vor allem einen Rückgang des Konsums bei jüngeren Rauchern. In anderen Ländern hätten 20 bis 30 Prozent der Jugendlichen mit dem Rauchen aufgehört, als ihnen die Zigaretten zu teuer wurden.

Nach Angaben von Krebshilfe-Präsidentin Schipanski sterben jeden Tag allein in Deutschland 380 Menschen an den Folgen des Rauchens, jährlich seien es mehr als 140 000 Personen. In den letzten Jahren ist das Einstiegsalter im Schnitt auf 13,5 Jahre gesunken.

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