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Kreml-Kritiker: Gaidar möglicherweise auch Opfer von Giftanschlag

Außer dem russischen Ex-Spion Alexander Litvinenko ist möglicherweise auch der frühere russische Ministerpräsident Jegor Gaidar Opfer eines Giftanschlags geworden.

London/Moskau - Gaidar war einen Tag nach Litvinenkos Tod nach einer Konferenz in Irland plötzlich schwer erkrankt; wie sein Sprecher Valeri Natarow mitteilte, gehen die Ärzte inzwischen davon aus, dass er vergiftet wurde. Eine offizielle Diagnose des Moskauer Krankenhauses, in dem der Regierungschef von Ex-Präsident Boris Jelzin behandelt wird, sei aber nicht vor Anfang der kommenden Woche zu erwarten. Gaidars Tochter Maria sprach von einer "politischen Vergiftung".

Es gebe weder persönliche noch geschäftliche Gründe für eine derartige Tat, sagte sie in einem Telefoninterview mit dem BBC-Fernsehen. "Die Ärzte finden keine andere Erklärung für den Zustand meines Vaters, als dass er mit einer unbekannten Substanz vergiftet wurde", sagte Gaidars Tochter dem Radiosender Echo Moskau. Sie sprach von einer "ungewöhnlichen zeitlichen Übereinstimmung" zwischen dem Tod Litvinenkos und der plötzlichen mysteriösen Erkrankung ihres Vaters. Anders als der ehemalige Geheimdienstagent machte sie jedoch nicht die russischen Behörden dafür verantwortlich: Sie könne sich nicht vorstellen, dass irgendwelche Behörden, "das russische Regime", dahinter ständen, sagte sie BBC. Jelzins ehemaliger Regierungschef gilt als gemäßigter Kritiker des Kreml.

Auf dem Wege der Besserung

Gaidar war am 24. November plötzlich zusammengebrochen. Wie seine Tochter berichtete, war er stundenlang bewusstlos. Er wurde zur Behandlung in eine Moskauer Klinik gebracht, wo die Ärzte zunächst um sein Leben fürchteten. Inzwischen befindet er sich auf dem Weg der Besserung. "Das war sicherlich keine Lebensmittelvergiftung", betonte auch Gaidars Sprecher Natarow. Nach seinen Worten konnten die Ärzte bisher aber noch nicht feststellen, um welche Substanz es sich handelt. Einen Tag vor Gaidars rätselhafter Erkrankung war der ehemalige russische Spion Alexander Litvinenko in einem Londoner Krankenhaus gestorben; in seinem Urin fanden sich Spuren einer der radioaktiven Substanz Polonium 210. Kurz vor seinem Tod warf Litvinenko Putin vor, seine Vergiftung angeordnet zu haben.

Litvinenko stand dem umstrittenen russischen Oligarchen und Putin-Gegner Boris Beresowski nahe. Dieser wiederum unterhielt Verbindungen zu dem ehemaligen KGB-Agenten Andrej Lugowoi, der Litvinenko am Tag seiner Erkrankung getroffen hatte. Lugowoi leitete zwischen 1998 und 2001 den Sicherheitsdienst des russischen Senders ORT, der damals noch unter Beresowskis Kontrolle stand. Davor, 1992 bis 1993, war er Gaidars Leibwächter. Er saß auch in einer der beiden British-Airways-Maschinen, an deren Bord am Mittwoch Spuren von Polonium 210 entdeckt wurden. (tso/ddp)

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