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Michael Kretschmer (CDU), Ministerpräsident von Sachsen, spricht in einer Pressekonferenz.

© dpa/Jan Woitas

„Es ist nicht gelungen, die Bevölkerung zu überzeugen“: Kretschmer stellt Corona-Notbremse des Bundes in Frage

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer zieht die Bundesnotbremse in Zweifel. Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus fordert eine Förderalismus-Reform.

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Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat die Notwendigkeit bundeseinheitlicher Regeln im Kampf gegen die Corona-Pandemie infrage gestellt. „Die Bundesnotbremse hat viel Aufregung ausgelöst. Es ist nicht gelungen, die Bevölkerung von der Notwendigkeit dieser Maßnahmen zu überzeugen“, sagte der CDU-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

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Zwar sei es legitim, wenn der Bundesgesetzgeber handele. „Aber wir müssen sehen, dass wir uns in einer Spirale befinden, die Politik und Bevölkerung auseinanderbringt. Das ist nicht gut“, betonte Kretschmer. „Wir sollten daraus lernen, dass regionale Entscheidungen besser sind als das Eingreifen durch den Bund.“

Der CDU-Politiker äußerte sich ablehnend über eine mögliche Verlängerung der Bundesnotbremse über den Juni hinaus. Es gehe darum, die Bürger zu überzeugen. „Das scheint mir etwas kurz zu kommen“, sagte er.

Kretschmer forderte weitere Öffnungsschritte. „Wir müssen deutlich unter eine Inzidenz von 100 kommen. Dann werden Außengastronomie, Öffnung des Einzelhandels, Kultur- und Freizeitaktivitäten langsam wieder möglich sein", sagte der Ministerpräsident. „Durch die wachsende Zahl an Impfungen sind wir da auf einem guten Weg.“

Zudem will Kretschmer Freiheiten für Bürger beim Reisen bereits nach der ersten und nicht erst nach der zweiten Corona-Impfung. „Wer mit AstraZeneca geimpft wird, sollte schon drei Wochen nach der ersten Dosis mehr Freiheiten bekommen“, sagt der CDU-Politiker der „Berliner Morgenpost“. Österreich habe dies vorgemacht. Der Schutz sei schon nach der ersten AstraZeneca-Impfung sehr gut.

Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus fordert Förderalismus-Reform

Die bundesweit verbindlichen Regeln für schärfere Corona-Maßnahmen waren am 23. April in Kraft getreten. In Landkreisen und kreisfreien Städten, die drei Tage lang eine Sieben-Tage-Inzidenz von 100 überschritten haben, gelten seither unter anderem nächtliche Ausgangsbeschränkungen.

Mit den einheitlichen Regelungen will die Politik einen Flickenteppich in den Bundesländern verhindern. Befristet sind sie bisher maximal bis zum 30. Juni.

Als Lehre aus der Corona-Pandemie hat sich der Vorsitzende der Unionsfraktion, Ralph Brinkhaus (CDU), für eine grundlegende Reform der föderalen Strukturen ausgesprochen. Dadurch könnten im Fall von Missständen die Verantwortlichkeiten klar nachvollzogen werden, sagte Brinkhaus der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ vom Samstag.

Ralph Brinkhaus, Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion

© imago images/Christian Spicker

Es gehe ihm darum, „alle Strukturen grundlegend zu überprüfen, und mitnichten darum, dass der Bund alles übernimmt“. So halte er etwa wenig davon, „dass der Bund sich bei den Kitas einmischt“.

Das Beispiel der Kitas zeige die oftmals undurchsichtigen Zuständigkeiten. „An einer einzelnen Kita sind alle föderalen Ebenen beteiligt, und im Zweifel kann jeder die Verantwortung für Missstände auf den anderen schieben“, sagte Brinkhaus. „Letztlich gilt aber, wenn viele Verantwortung tragen, ist am Ende keiner richtig verantwortlich.“ Das sei auch in der Pandemie an zu vielen Stellen deutlich geworden.

Konkret müssten Aufgaben und finanzielle Mittel klar zugeordnet werden. „Es darf keine Doppelverantwortlichkeiten geben“, sagte der CDU-Politiker. „Stattdessen muss die Ebene zuständig sein, die am besten geeignet ist.“

Um diese Reform in die Wege zu leiten, schlug er die Beteiligung aller föderaler Ebenen vor. In einer „Art Konvent“ sollten sich alle Ebenen vom Bund über Länder bis zu den Kommunen an einen Tisch setzen und die Zuständigkeiten überprüfen. Das gehe nicht von heute auf morgen, sondern sei ein „großangelegtes Projekt“, so Brinkhaus. (dpa, AFP, Reuters)

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