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Steini

© AFP

Krieg im Gaza: Israelische Raketen schlagen unweit von Steinmeier ein

Die israelische Armee weitet ihre Bombardements im Gazastreifen aus und trifft dabei fast den deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Mehrere tausend Menschen protestieren in deutschen Städten gegen die Militäroffensive. Auch US-Präsident Bush fordert einen Waffenstillstand.

Die israelische Armee hat während des Besuches von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) in Rafah Raketen in umittelbare Nähe des Grenzübergangs zwischen Ägypten und dem Gazastreifen gefeuert. Zwei Raketen schlugen am Samstag in zirka 500 Metern von der deutschen Delegation ein. Eine Rakete schlug so dicht an der Grenze ein, dass die Scheiben in dem Gebäude vibrierten, in dem sich Steinmeier und seine Gesprächspartner gerade befanden.

Nach Angaben von Augenzeugen gab es unmittelbar vor seiner Ankunft einen Einschlag auf der Seite des Gazastreifens direkt am Grenztor. So nah am Grenzübergang nach Ägypten wie diese Einschläge seien die Angriffe der israelischen Luftwaffe in den vergangenen Tagen nicht gewesen. Steinmeier ließ sich auf der ägyptischen Seite des Grenzübergangs über die Lage in der Region informieren. 

Deutschland schickt Bundespolizisten nach Ägypten

Steinmeier war aus Kairo gekommen, um sich vor Ort ein Bild von der Lage zu machen. Der deutsche Chefdiplomat mahnte erneut konkrete Anstrengungen für eine möglichst schnelle Waffenruhe an. Dabei sei auch Deutschland zur Hilfe bereit, insbesondere bei der Bekämpfung des Waffenschmuggels in Richtung Gazastreifen. "Wir sind nicht vollmundig, aber bereit und willig zu helfen, wenn dies die Wartezeit zum Waffenstillstand verkürzt.“ Bereits in der kommenden Woche sollen dazu Experten von Bundespolizei und Zoll nach Ägypten reisen.

Der Minister betonte bei dem Besuch: "Es ist richtig, Erschütterung zu zeigen über die Verletzten und Toten. Aber die Außenminister der Europäischen Union müssen ein bisschen mehr tun, dass aus den Deklarationen nun tatsächlich ein Waffenstillstand wird." Auf die Frage, wann ein Waffenstillstand möglich sei, erklärte der Minister: "Ich kann es offen gesagt nicht sagen. Niemand kann es sagen."

Nach seinem Besuch in Rafah, wo es ein unterirdisches System von mehr als 500 Schmugglertunneln gibt, machte sich Steinmeier auf den Weg nach Israel. Dort waren am Sonntag unter anderem Gespräche mit Staatschef Schimon Peres und Außenministerin Zipi Livni geplant.

Israelische Armee intensiviert ihre Militäroffensive "gegossenes Blei"

Drei Wochen nach Beginn seiner Offensive im Gazastreifen hat Israel eine erneute Ausweitung  der Angriffe angekündigt. Über Gaza warfen am Samstag israelische Flugzeuge tausende Flugblätter ab, in denen die Bevölkerung vor  neuen Angriffen gewarnt wird. Die Armee werde bald ihre Einsätze gegen die Tunnelsysteme intensivieren. Diese werden für den Waffenschmuggel und als Waffenlager genutzt. Aber auch die militärischen Aktionen gegen "die Terroristen im gesamten Gazastreifen" würden intensiviert, hieß es in der Ankündigung.

"Für Ihre Sicherheit und die Ihrer Familie sind Sie aufgefordert, sich nicht Terroristen, Waffenlagern und Waffen zu nähern", hieß es weiter. Die Warnung wurde auch per SMS an Handys der Bewohner im Gazastreifen geschickt. Bei der israelischen Offensive kamen nach palästinensischen Angaben bislang mehr als 800 Menschen ums Leben. Israel sowie die radikalislamische Hamas hatten am Freitag eine Resolution des UN-Sicherheitsrats für einen sofortigen Waffenstillstand im Gazastreifen zurückgewiesen, die Kämpfe dauern unvermindert an.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon protestierte in einem Telefonat mit dem amtierenden israelischen Regierungschef Ehud Olmert gegen Israels fortlaufende Angriffe. Die UN kündigten am Freitagabend an, dass sie ihre nach dem israelischen Angriff auf einen Hilfskonvoi eingestellten Aktivitäten wieder aufnehmen werden.

US-Präsident George W. Bush sprach sich nach Angaben der EU ebenfalls für einen baldigen Waffenstillstand im Gazastreifen aus. In einem Telefonat mit dem tschechischen EU-Ratspräsidenten Mirek Topolanek habe Bush für einen Waffenstillstand "so bald wie möglich" plädiert, teilte die Ratspräsidentschaft in einer französischsprachigen Erklärung mit. In der englischen Fassung war von einem "sofortigen" Waffenstillstand die Rede.

Deutschlandweite Proteste gegen den Krieg

In Deutschland gab es am Samstag erneut anti-israelische Proteste. Auch in Washington war am Abend eine Großdemonstration geplant. In Berlin zogen nach Polizeiangaben rund 8500 Demonstranten vom Roten Rathaus über die Straße Unter den Linden und die Wilhelmstraße. 

In Duisburg demonstrierten etwa 10.000 Menschen nach Polizeiangaben weitgehend friedlich gegen den Krieg im Gazastreifen. Zu dem Protestzug aufgerufen hatte die Islamische Gemeinschaft Milli Görüs, die seit Jahren vom NRW-Verfassungsschutz beobachtet wird. In Köln demonstrierten circa 300 Menschen auf der Domplatte gegen das Vorgehen Israels. In der Mainzer Innenstadt protestierten rund 5000 Demonstranten gegen den Krieg. Bei dem gut zweistündigen Protestzug sei bis auf eine kleine Provokation alles friedlich geblieben, sagte ein Polizeisprecher.

In Hannover zogen rund 3000 Demonstranten lautstark durch die Innenstadt. Am Nachmittag fand eine Abschlusskundgebung am Steintor statt. Zu Zwischenfällen kam es nach Angaben der Polizei nicht. In München kam es am Rande einer Demonstration von Palästinensern gegen den Krieg im Gazastreifen zu Auseinandersetzungen mit Gegendemonstranten. Auf dem Weg durch die Innenstadt trafen die rund 2000 Teilnehmer der genehmigten Demonstration am Platz der Opfer des Nationalsozialismus auf eine Gruppe von rund zehn Personen, die eine israelische Flagge schwenkten. Die Polizei musste die Kontrahenten trennen. In Nürnberg zogen nach Polizeiangaben rund 3500 Menschen unter dem Motto "Stoppt das Massaker in Gaza" durch die Innenstadt.

Pro-Israel-Demo in Berlin am Sonntag

Unter dem Motto "Stoppt den Terror der Hamas" ist für Sonntag in Berlin eine Solidaritätskundgebung mit Israel geplant. Die Demonstration wird unter anderen veranstaltet von der Jüdischen Gemeinde zu Berlin. Auch in München ist eine proisraelische Kundgebung geplant. (ml/AFP)

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