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Straßenszene in Charkiw

© Reuters/Oleksandr Lapshyn

Krieg in der Ukraine: Angriffe im Süden und Osten, Warnung vor rascher Rückkehr in Kiews Vororte – das geschah in der Nacht

Die russischen Truppen verstärken ihre Attacken im Osten und Süden der Ukraine. Kiews Bürgermeister Klitschko warnt vor Sprengsätzen in Häusern. Der Überblick.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj will eine lückenlose Aufklärung der Verbrechen gegen Zivilisten in Butscha und anderen ukrainischen Städten. Dazu arbeite man unter anderem mit der EU und dem Internationalen Strafgerichtshof zusammen. Die internationale Empörung über die Gräueltaten im Kiewer Vorort Butscha dauert an.

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Derweil rechnet die Ukraine mit verstärkten Angriffen russischer Truppen im Osten des Landes.

Die Lage im Überblick:

  • Die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft verzeichnete nach eigenen Angaben mehr als 7000 Meldungen über russische Kriegsverbrechen in der Region um die Hauptstadt Kiew. Die meisten Opfer habe es in Borodjanka gegeben, sagte Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa der Agentur Unian zufolge. „Ich denke, wir werden gesondert über Borodjanka sprechen.“ Die Generalstaatsanwaltschaft arbeite an der Aufarbeitung von Kriegsverbrechen in Irpin, Butscha und Worsel.
  • Die Bilder aus Butscha, wo nach dem Abzug russischer Truppen zahlreiche Leichen von Bewohnern auf den Straßen gefunden wurden, hatten am Wochenende für Entsetzen gesorgt. Die Ukraine macht für das Massaker russische Truppen verantwortlich, die die Stadt besetzt hatten. Moskau bestreitet das. So sprach Russlands UN-Botschafter Wassili Nebensja von einer „inszenierten Provokation“. Russland wolle dem UN-Sicherheitsrat Beweise dafür vorlegen, dass sein Militär keine Gräueltaten gegen Zivilisten in der Ukraine begangen habe.
  • Nach Ansicht des US-Verteidigungsministeriums sind die russischen Streitkräfte für die Gräueltaten in Butscha verantwortlich. „Ich denke, es ist ziemlich offensichtlich - nicht nur für uns, sondern für die Welt - dass russische Kräfte für die Gräueltaten in Butscha verantwortlich sind“, sagte der Sprecher des Pentagons, John Kirby.
  • Am Montag veröffentlichte US-Satellitenbilder bestätigen, dass einige der in dem Kiewer Vorort Butscha gefundenen Leichen bereits vor dem Abzug der russischen Truppen dort gelegen haben. Die hochauflösenden" Bilder „bestätigen die jüngsten Videos und Fotos in den sozialen Medien, auf denen Leichen zu sehen sind, die seit Wochen auf der Straße liegen“, erklärte ein Sprecher der US-Satellitenbildfirma Maxar Technologies. Auf den Satellitenbildern einer Straße in Butscha von Mitte März sind mehrere Leichen mutmaßlicher Zivilisten zu sehen, die auf oder neben der Fahrbahn liegen. An dieser Stelle hatten ukrainische Beamte nach dem Rückzug der russischen Truppen Anfang April mehrere Leichen gefunden.
  • Selenskyj versicherte, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. „Die Zeit wird kommen, in der jeder Russe die ganze Wahrheit darüber erfahren wird, wer von seinen Mitbürgern (in der Ukraine) gemordet hat. Wer Befehle gegeben hat. Wer bei den Morden ein Auge zugedrückt hat“, sagte der ukrainische Präsident. Er lud Journalisten aus der ganzen Welt ein, sich die zerstörten Städte anzusehen. „Lassen Sie die Welt sehen, was Russland getan hat!“ Selenskyj, der Butscha am Montag besuchte, befürchtet, dass russische Truppen nun versuchten, „die Spuren ihrer Verbrechen zu verwischen“.
  • Der Bürgermeister der ukrainischen Hauptstadt Kiew, Vitali Klitschko, hat die geflohenen Bewohner der Vororte dazu aufgerufen, mit der Rückkehr „noch mindestens eine Woche“ zu warten. „Zunächst gilt in mehreren Bezirken des Kiewer Gebiets eine Ausgangssperre rund um die Uhr“, sagte er am Montag. Außerdem hätten die Behörden nach dem Abzug russischer Truppen „zahlreiche Sprengsätze gefunden, die eine große Gefahr darstellen können“. Schließlich warnte Klitschko vor weiteren Raketenangriffen. „Deshalb bitte ich die Menschen, ein wenig zu warten und nicht zurückzukommen“, sagte er.
  • Das ukrainische Verteidigungsministerium rechnet mit weiteren russischen Angriffen auf die die belagerte Millionenstadt Charkiw im Osten der Ukraine. Russische Truppen bereiteten sich darauf vor, die Stadt zu erobern, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums in Kiew, Olexander Motusjanyk, nach Angaben der „Ukrajinska Prawda“. Auch in anderen Gebieten im Osten der Ukraine erhielten russische Truppen Verstärkung.
  • Bei russischen Angriffen auf die südukrainische Stadt Mykolajiw wurden nach ukrainischen Angaben mehrere Menschen getötet und verletzt. Der Gouverneur des Gebietes, Witalij Kim, berichtete von 11 Getöteten und 62 Verletzten. In der Nacht gab es Luftalarm auch in den Gebieten Poltawa, Charkiw, Dnipropetrowsk sowie in den Gebieten Sumy, Tschernihiw, Luhansk, Donezk und Saporischschja.
  • Etwa 600 russische Soldaten befinden sich in Kriegsgefangenschaft der Ukraine, wie Vize-Regierungschefin Iryna Wereschtschuk nach Angaben der „Ukrajinska Prawda“ im Einheitsprogramm des ukrainischen Fernsehens sagte. Man suche nach Wegen, über das Rote Kreuz Ukrainer in russischer Kriegsgefangenschaft zu erreichen, und wolle Russland dazu bringen, sie freizulassen.
  • Der Wiederaufbau während des Kriegs zerstörter Brücken in der Region Kiew werde etwa zwei bis drei Monate dauern, teilte das ukrainische Infrastrukturministerium nach Angaben der Agentur Unian mit. Die Arbeiten sollen demnach in den kommenden Tagen beginnen.

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Westafrika steht kurz vor der schlimmsten Nahrungsmittelkrise seit zehn Jahren. Davor warnten elf internationale Hilfsorganisationen - darunter Oxfam, Save the Children und World Vision - vor einer EU-Konferenz zur Lebensmittel- und Ernährungskrise in der Sahelzone mit. Man sei besorgt, dass der Krieg in der Ukraine die ohnehin katastrophale Situation verschlimmern werde. Geberländer hätten angedeutet, dass sie finanzielle Mittel für Afrika kürzen könnten. Dabei könnten in Westafrika bald knapp 40 Millionen Menschen hungern.

Mit einer Unterstützer-Konferenz in Berlin will Außenministerin Baerbock die internationale Hilfe für die von vielen ukrainischen Kriegsflüchtlingen aufgesuchte Republik Moldau ankurbeln. Dabei sollen etwa die Versorgung der Flüchtlinge sowie die gestiegenen Energiepreise eine Rolle spielen. Der ukrainische Präsident Selenskyj will sich per Videoschalte an die Mitglieder des Weltsicherheitsrates der Vereinten Nationen wenden. (dpa, AFP)

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