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Politik: Kriegsherr oder Drückeberger?

Der Irak wird zur Belastung für Bushs Wahlkampf – und nun wird auch sein Militärdienst wieder zum Thema

Die Schlacht hat begonnen. Wer noch Zweifel daran hatte, dass den Amerikanern ein besonders hartes, ja brutales Wahljahr bevorsteht, brauchte sich in den vergangenen Tagen nur durchs abendliche Nachrichtenprogramm zu zappen, um eines Besseren belehrt zu werden. Während John Kerry bei den Vorwahlen der Demokraten triumphiert, entwickelt sich der Irak zur größten Belastung der Bush-Regierung im Wahljahr. Auch wenn bei den schweren Anschlägen am Dienstag und Mittwoch keine US-Soldaten getötet wurden, bringt die brisante Sicherheitslage den Präsidenten in Schwierigkeiten. Geplant war alles ganz anders: eine schnelle Befriedung, die Machtübergabe zum 30. Juni, dann der beginnende Rückzug. Bis zum Wahltag sollte es erneut heißen „mission accomplished", Mission erfüllt. Doch daraus wird wohl nichts. Die Schiiten drängen auf frühe Wahlen. Weil sie die Mehrheit bilden, droht eine Theokratie. Die wiederum könnte einen Bürgerkrieg zur Folge haben. Schmerzhaft lernt Bush, dass sich die Begriffe „Demokratie" und „Irak" nicht so schnell miteinander versöhnen lassen, wie er gehofft hatte.

Die amerikanische Bevölkerung ist gespalten, die Parteien sind gespalten – ebenso die Medien. Von den überregionalen seriösen Tageszeitungen werden die Nachrichten aus dem Irak weiterhin prominent platziert. Die Leser erfahren von dem Chaos, den Anschlägen, dem drohenden Bürgerkrieg. Von den weitaus wichtigeren elektronischen Medien jedoch wird das Thema, bis auf wenige Ausnahmen, ausgeblendet. Der Schlamassel rund um Bagdad bringt keine Quote, er verkauft sich schlecht.

Bush hilft das nur bedingt, denn nun holt ihn seine eigene Vergangenheit ein. Eine volle Stunde lang musste am Dienstag der Sprecher des Weißen Hauses, Scott McClellan, Fragen zum Militärdienst des Präsidenten beantworten. Das Thema war bereits am Sonntag, im NBC-Interview, hochgekocht. Die zentrale Frage lautet: Hat Bush, der sich zur Nationalgarde gemeldet hatte, um nicht nach Vietnam geschickt zu werden, viele Monate lang den Dienst geschwänzt? In Alabama, wo er von Mai bis November des Jahres 1972 zu Übungen hätte antreten sollen, kann sich niemand an ihn erinnern. Trotz dutzender Dokumente, die McClellan präsentierte, bleiben Unstimmigkeiten.

Die Kontroverse ist durch den Kontrast brisant. Hier der patriotische Veteran Kerry, dort der Drückeberger Bush, der in einen unsinnigen Krieg zog: Falls sich dieser Eindruck verfestigt, geht die Regierung mit einem gewichtigen Handicap in die heiße Phase des Wahlkampfes.

Der hoch dekorierte Vietnam-Veteran Kerry bringt die Konservativen in Not. Alles Militärische soll gefälligst bei ihnen am besten aufgehoben sein. Also wird pflichtschuldig Kerrys Einsatz für Volk und Vaterland gewürdigt, dann aber um so kräftiger auf den Senator aus Massachusetts eingedroschen. Der Höhepunkt: Eine Aufnahme aus dem Jahre 1972 zeigt den jungen Kerry, wie er vor Mitgliedern des Kongresses über den Vietnamkrieg spricht. Er zitiert Kameraden, die ihm gegenüber von Folterungen berichtet haben, begangen von US-Soldaten.

Was macht „Fox" daraus? Seht her: Der wahrscheinliche Präsidentschaftskandidat der Demokraten hat einst „unsere Jungs" beschuldigt, Kriegsverbrechen verübt zu haben.

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