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Politik: Kriegsschiffe statt Freihandel

Von Ulrike Scheffer Ausgerechnet eine spanische Stadt hat ihren n gegeben für ein Projekt, das die Staaten südlich des Mittelmeeres an die Europäische Union heranführen soll: den Barcelona-Prozess. 1995 vereinbarten die EU und insgesamt zwölf Staaten rund um das Mittelmeer (Algerien, Tunesien, Ägypten, Marokko, Israel, Palästina, Jordanien, Syrien, Libanon, Türkei, Zypern, Malta) eine „Zone der Stabilität und Prosperität" zu gründen.

Von Ulrike Scheffer

Ausgerechnet eine spanische Stadt hat ihren n gegeben für ein Projekt, das die Staaten südlich des Mittelmeeres an die Europäische Union heranführen soll: den Barcelona-Prozess. 1995 vereinbarten die EU und insgesamt zwölf Staaten rund um das Mittelmeer (Algerien, Tunesien, Ägypten, Marokko, Israel, Palästina, Jordanien, Syrien, Libanon, Türkei, Zypern, Malta) eine „Zone der Stabilität und Prosperität" zu gründen. Und dennoch fahren plötzlich Kriegsschiffe im Mittelmeer auf, stehen sich Soldaten aus Spanien und Marokko auf einer unbedeutenden Insel gegenüber.

Der Streit um die Petersilien-Insel (Perejil) vor Marokkos Küste macht deutlich, wie fragil der Barcelona-Prozess ist. Bis 2010 soll eine riesige Freihandelszone rund um das Mittelmeer entstehen, ein intensiver politischer und kultureller Dialog Sicherheit und Frieden gewährleisten. Alte Wunden aus der Kolonialzeit erschweren allerdings die Annäherung zwischen dem christlichen Europa und seinen moslemischen Nachbarn. Perejil stellt dabei kaum mehr als ein historisches Kuriosum dar. Weitaus mehr ärgern sich viele Araber über die Weigerung Spaniens, seine Exklaven auf nordafrikanischem Boden, Ceuta und Melilla, aufzugeben.

Für die Länder Nordafrikas führt dennoch kein Weg an der Europäischen Union vorbei. Das weiß auch der marokkanische König Mohammed, der mit der Besetzung Perejils die aktuelle Krise auflöste. Drei Viertel aller Exporte Marokkos gehen in die EU. Mehr als 890 Millionen Euro hat das Land zudem seit 1996 im Zuge des Barcelona-Prozesses aus Brüssel erhalten, um seine Wirtschaft für 2010 konkurrenzfähig zu machen. Nicht zuletzt dank der EU-Hilfe schaffte es das Königreich, die Arbeitslosenrate seit 1990 von 16 auf 12,5 Prozent zu drücken.

Doch nicht allein die Vergangenheit behindert den Barcelona-Prozess. Auch bürokratische Hürden auf beiden Seiten des Mittelmeeres sind dafür verantwortlich, dass er ins Stocken geraten ist. Die größte Gefahr für das Projekt geht indes vom Nahostkonflikt aus. Sowohl Israel als auch die Palästinenser sitzen in dem Mittelmeerklub mit am Tisch, der Barcelona-Prozess gerät mithin immer wieder in die Mühlen ihrer Auseinandersetzungen. Die Ausarbeitung einer „Charta für Frieden und Stabilität“ liegt praktisch auf Eis. Im Vergleich zur Krise im Nahen Osten, so hieß es in dieser Woche in Berlin und Brüssel, sei der „Petersilien-Krieg“ trotz aller Schärfe kein ernst zu nehmender Störfaktor für den Barcelona-Prozess.

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