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Politik: Krise der FPÖ: "Eine anständige Partei mit anständigen Funktionären"

Die Turbulenzen innerhalb der FPÖ nehmen an Heftigkeit zu. Bereits der dritte Minister wird ausgewechselt, die Basis revoltiert, dem Wiener Landeschef droht Untersuchungshaft, Neuwahl-Drohungen und Durchhalteparolen wechseln sich ab.

Die Turbulenzen innerhalb der FPÖ nehmen an Heftigkeit zu. Bereits der dritte Minister wird ausgewechselt, die Basis revoltiert, dem Wiener Landeschef droht Untersuchungshaft, Neuwahl-Drohungen und Durchhalteparolen wechseln sich ab. Vor drei Wochen hat die FPÖ ihre schwerste Niederlage seit 14 Jahren eingefahren. Bei der Landtagswahl in der Steiermark stürzte sie um mehr als 4,7 Prozentpunkte ab. Die folgenden innerparteilichen Querelen konnten von FPÖ-Chefin Susanne Riess-Passer nicht unterbunden werden. Am Wochenende sind sie in aller Schärfe ausgebrochen. Bei einem Landesparteitag erhielt die von der Parteispitze in die Steiermark entsandte Theresia Zierler eine klare Abfuhr. Die 37-jährige Fernsehmoderatorin und Spitzenkandidatin bei der Landtagswahl wurde für die Niederlage verantwortlich gemacht; entgegen dem Drängen der Parteiführung wurde sie weder zur Landesparteivorsitzenden noch zur Landesministerin gewählt.

Die Unruhen in Graz haben ferner zum Rücktritt von Bundesverkehrsminister Michael Schmid geführt. Schmid führte elf Jahre lang die steirische FPÖ; beim Landesparteitag nun nahmen ihm die Delegierten sämtliche Personalentscheidungen aus der Hand. Daraufhin zog sich Schmid unverzüglich aus der Politik zurück: "Die Batterie ist leer", sagte er zur Begründung.

Damit hat die FPÖ in ihrer neunmonatigen Regierungszeit bereits den dritten ihrer sechs Bundesminister verloren. Als erster, bereits Ende Februar, hatte Justizminister Michael Krüger wegen psychischer Überlastung das Feld geräumt; vor zwei Wochen zog die FPÖ-Führung Sozialministerin Elisabeth Sickl zurück. Als nächste "Sollbruchstelle" in der FPÖ-Riege gilt Justizminister Dieter Böhmdorfer, der zur Zeit jedoch sowohl von der Partei als auch von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) noch eisern verteidigt wird.

Nach Ansicht der österreichischen Medien ist auch die Ablösung der Wiener Landesparteiführung nur noch eine Frage der Zeit. Landeschef Hilmar Kabas wird beschuldigt, einem freiheitlichen Polizisten pro Jahr 17 000 Mark für Spitzeldienste bezahlt zu haben; auch Landesparteisekretär Michael Kreißl zählt zu den Hauptverdächtigten im Spitzelskandal. Kabas und Kreißl sind Landtagsabgeordnete in Wien; ihre Immunität soll in einer Woche aufgehoben werden. Die Ermittlungsbehörden schreiben, wegen dringenden Verdachts strafbarer Handlungen,prüften sie die Verhängung einer Untersuchungshaft gegen den Wiener FPÖ-Chef.

Haider beschuldigt die Behörden, keine freien Ermittlungen zuzulassen. "Wir werden auch mit diesem Gesindel fertig", sagte er an die Adresse der Kritiker. Parteichefin Riess-Passer bezeichnete die FPÖ als "anständige Partei mit anständigen Funktionären". Ein Aufkündigen der Koalition und vorzeitige Neuwahlen, wie sie in der FPÖ bereits verlangt werden, schließt Riess-Passer vorerst aus: Ziel der Regierung sei es, die volle Legislaturperiode zu arbeiten. Andererseits müsse man über ein Ende der Regierung dann nachdenken, "wenn ein Zustand eintritt, wo man den Freiheitlichen die Regierungsarbeit unmöglich macht".

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