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Auf Abstand? Angela Merkel und Horst Seehofer streiten weiter um die Obergrenze.

© AFP

Krise in der Union: Angela Merkels Endspiel ist eröffnet

Für Bundeskanzlerin Merkel geht es nach dem Wahldebakel um alles: Ihr Kampf um Jamaika ist auch einer mit Seehofer. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Stephan-Andreas Casdorff

Die Lage ist da, hätte der alte Adenauer gesagt. Er muss, muss, muss – Erfolge vorweisen können, um dann „dahoam“ Erfolg zu haben: Horst Seehofer, Ministerpräsident und CSU- Vorsitzender. Im nächsten Jahr wählen die Bayern. Wenn sie so wählen wie jetzt bei der Bundestagswahl, dann war es das: für den Seehofer Horst, aber auch mit der Hegemonie der CSU, die sich rühmt, das schöne Bayern erst erfunden zu haben.

Nun, was ist in Anbetracht der Lage ein Erfolg? Die „Obergrenze“ bei Flüchtlingen. Das wird allerdings schwierig durchzusetzen sein: bei den Partnern für Jamaika, der FDP wie bei Grünen, die das ja gerade auch schon wieder abgelehnt haben – vor allem aber mit Angela Merkel. Sie hat sich auf eine Ablehnung festgelegt. Heißt: Die CDU mit Merkel kann nicht nachgeben, Seehofer darf nicht verlieren. Weil er sonst womöglich alles verliert, den CSU-Vorsitz, das Regierungsamt, nicht zuletzt sein Gesicht. Andererseits: Ohne die CSU bleibt die Bundeskanzlerin nicht im Amt, die Stimmenzahl reicht nicht. Merkel ist also auf Seehofer und seine Gefolgsleute angewiesen, auf Gedeih oder Verderb.

Es ist ja kein Gottesgebot, dass Merkel auf ewig im Kanzleramt bleibt. Genauso wenig wie umgekehrt Seehofer nicht zwangsläufig Chef der Christsozialen bleiben muss. Das walte Markus Söder, der bayerische Finanzminister, der ja schon länger auf beide Seehofer- Ämter scharf ist.

Seehofer wird den Druck brutal weiterleiten

Womit CDU und CSU geradewegs auf einen Zweikampf zusteuern. In dem haben die beiden anderen Parteien für eine Jamaika-Koalition erst einmal nichts zu suchen. Weshalb FDP-Chef Christian Lindner der Union klugerweise Zeit zur Selbstfindung gibt. Denn, richtig: Ist die Union uneinig, wird das mit einer Koalition sowieso nichts. FDP und Grüne könnten die unterschiedlichen Positionen von CDU und CSU niemals austarieren; und versöhnen schon gar nicht.

Es sei denn, die Grünen ließen sich auf Tauschgeschäfte mit der CSU ein, beispielsweise die Obergrenze gegen Milliarden für den Klimaschutz und die Cannabis-Legalisierung als Dreingabe. Wie Merkel dann dastünde! Aber auch in dem Fall müsste es den grünen Realissimos erst einmal gelingen, ihren anderen Flügel, die Linken, zu befrieden. Sicher ist das alles nicht.

Bei alledem muss die Position Seehofers immer im Blick behalten werden. So wie er in der CSU insgesamt unter Druck ist, ist die CSU beim Wähler unter Druck. Darum muss etwas passieren, was der CSU hilft, neue Erfolge zu feiern. Das gilt übrigens auch ohne Seehofer. Doch solange er da ist – und er ist ein gewiefter Taktiker, der noch immer zurückgekommen ist –, wird Seehofer brutal den Druck weiterleiten: auf Merkel.

Die ist zum ersten Mal in der unkomfortablen Lage, alle Kräfte aufbieten zu müssen. Merkel muss die CSU halten und FDP und Grüne gewinnen. Dabei geht es um alles, um Personen, Inhalte, Philosophie. Aber selbst wenn ihr der Kraftakt gelänge – das laugt aus. Schon gar nach zwölf Jahren im Amt. Der SPD könnte das so passen. Sie will ja vor allem nicht mehr mit Merkel koalieren. Wer weiß, ob sich dieser Wunsch nicht noch erfüllt. Wie sagte Sigmar Gabriel? „Auf den Horst ist Verlass.“

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