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Zerstörungen im Gazastreifen.

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Update

Krise um Gaza: Wieder Raketen auf Israel - Netanjahu befiehlt Vergeltung

Die Waffenruhe im Gazastreifen hat einige Tage gehalten. Doch am Dienstagnachmittag feuerten militante Palästinenser wieder Raketen auf Israel. Dabei hatte es in den Verhandlungen erste Annäherungen gegeben.

Nach einem Bruch der Waffenruhe durch die Palästinenser hat der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Dienstag Vergeltungsangriffe gegen “Terrorziele“ im Gazastreifen angeordnet. Dies erklärte ein Regierungsvertreter in Jerusalem. Wenige Stunden vor dem Ende eines Waffenstillstandes haben militante Palästinenser am Nachmittag erneut Raketen auf Israel abgeschossen. Nach Angaben der israelischen Armee wurden aus dem Gazastreifen drei Flugkörper abgeschossen, die in der Nähe der Negev-Hauptstadt Beerscheba niedergegangen seien. Berichte über Opfer gab es nicht. Augenzeugen berichteten ebenfalls, sie hätten Raketen-Abschüsse aus dem Gazastreifen gehört.

Israel und die Palästinenser hatten sich in der Nacht zu Dienstag in Kairo auf eine erneute Verlängerung der Waffenruhe um 24 Stunden geeinigt. Sie endet am Dienstagabend um 23 Uhr deutscher Zeit. Ohne eine neue Übereinkunft wäre die seit dem 11. August haltende - und zwischenzeitlich schon einmal um fünf Tage verlängerte - Kampfpause um Mitternacht Ortszeit abgelaufen. Bei den Waffenruhe-Verhandlungen unter ägyptischer Vermittlung haben Israel und die Palästinenser nach Angaben des palästinensischen Politikers Aschraf al-Adschrami eine grundsätzliche Einigung in Stichpunkten erzielt. Diese Einigung habe die Verlängerung der Feuerpause im Gaza-Krieg um weitere 24 Stunden ermöglicht, sagte er dem israelischen Armeesender am Dienstag. „Die Punkte sind der Wiederaufbau des Gazastreifens, die Aufhebung der Blockade, die Öffnung der Grenzübergänge, die Lösung der Stromprobleme, die Einfuhr von Baumaterialien unter internationaler Kontrolle und die Ausweitung der Fischereizone im Gazastreifen.“ Von israelischer Seite gab es zunächst keine Bestätigung.

Waffenruhe ermöglicht weitere Gespräche

Durch die Verlängerung der Waffenruhe um einen Tag solle eine Fortsetzung der indirekten Verhandlungen über eine dauerhafte Waffenruhe ermöglicht werden, hieß es von israelischer und palästinensischer Seite. Auch die radikalislamische Hamas kündigte an, weitere 24 Stunden die Waffen schweigen zu lassen. Bis zum Dienstagmorgen schienen die Absprachen zunächst eingehalten zu werden. Allerdings gelang es den Unterhändlern in Kairo bislang nicht, sich auf einen dauerhaften Waffenstillstand zu verständigen. Al Ahmed mahnte deshalb zur Eile: "Wir müssen jede Minute in den nächsten 24 Stunden ausnutzen, wenn wir eine Einigung finden wollen, sonst dreht sich die Gewaltspirale weiter." Israel beharrte weiter auf einer Entwaffnung der Palästinensergruppen als Vorbedingung für eine weitgehende Lockerung der achtjährigen Blockade des Gazastreifens. Ein ägyptischer Kompromissvorschlag sieht ein zweistufiges Vorgehen vor. Nach einer teilweisen Aufhebung der Restriktionen für Güter- und Personenverkehr soll demnach in einem Monat über die strittigeren Punkte verhandelt werden.

In Gaza schweigen die Waffen.
In Gaza schweigen die Waffen.

© Reuters

Es geht um Hafen und Airport

Ein palästinensisches Delegationsmitglied sagte der Nachrichtenagentur AFP, ein ägyptischer Vorschlag, der unter anderem die palästinensische Forderung nach einem eigenen Hafen und Flughafen im Gazastreifen aufgreife, sei von beiden Seiten "mit einem großen Maß an Flexibilität" aufgenommen worden. In den Verhandlungen habe es "Fortschritte" gegeben. Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu hatte nur wenige Stunden vor Ablauf der jüngsten Waffenruhe mit einer "harten Antwort" der Armee gedroht, falls sein Land erneut mit Raketen angegriffen werden sollte. Die am 8. Juli begonnene israelische Militäroffensive werde solange weitergehen, bis das Ziel erreicht sei, nämlich "Ruhe und Sicherheit" für Israel. Ein Hamas-Sprecher zeigte sich unbeeindruckt davon und sagte, Netanjahus Worte hätten "kein Gewicht".

2000 Palästinenser getötet

Bei der Militäroffensive im Gazastreifen wurden rund 2000 Palästinenser getötet, laut UN-Angaben zumeist Zivilisten. Die israelische Armee geht offiziell davon aus, dass es sich bei 40 bis 50 Prozent der Getöteten um bewaffnete Kämpfer handelt. Auf israelischer Seite starben 64 Soldaten und drei Zivilisten. Einigen sich Israelis und Palästinenser auf eine dauerhafte Waffenruhe, soll in Ägypten eine Geberkonferenz für den Wiederaufbau des Gazastreifens stattfinden. Dies teilte der norwegische Außenminister Börge Brende mit, dessen Land das Komitee zur Koordinierung der internationalen Hilfe für die Palästinenser leitet. Die Vereinten Nationen erklärten sich bereit, Lieferungen von Baumaterial für den Wiederaufbau zu überwachen. Beim Import von Materialien wie Zement oder Beton müssten aber auch "Israels Sicherheitsbedenken" berücksichtigt werden, sagte der Nahost-Gesandte Robert Serry im UN-Sicherheitsrat.

Hatte die Hamas Putschpläne?

Die palästinensische Autonomiebehörde will derweil israelische Angaben prüfen, denen zufolge die radikal-islamische Hamas im Westjordanland einen Umsturz geplant haben soll. Dies verlautete am Dienstag aus palästinensischen Sicherheitskreisen in Ramallah. Der israelische Inlandsgeheimdienst Schin Bet hatte am Montag mitgeteilt, mehr als 90 Hamas-Mitglieder seien in den vergangenen Monaten festgenommen worden. Sie seien in verschiedenen Zellen im Westjordanland aktiv gewesen und hätten einen Sturz des gemäßigten Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas geplant. Es seien auch Waffen gefunden worden. Schin Bet wirft den Festgenommenen auch vor, sie hätten versucht, einen neuen Palästinenseraufstand gegen Israel in Gang zu bringen.

Nach Angaben der palästinensischen Nachrichtenagentur Wafa sprach Abbas von „sehr schwerwiegenden Auswirkungen“, sollten die Vorwürfe sich bewahrheiten. Dies würde „die Einheit und die Zukunft des palästinensischen Volkes bedrohen“, sagte Abbas den Angaben zufolge. Die Hamas hatte 2007 nach einem blutigen Bruderkrieg gewaltsam die Kontrolle im Gazastreifen übernommen. Seitdem herrschte die Fatah nur noch im Westjordanland. Nach einer Versöhnung bildeten die beiden größten Palästinenserorganisationen Anfang Juni eine Einheitsregierung aus Experten. (AFP/Reuters/dpa)

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