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Euro in Gefahr. Nun hat sich auch eine Gruppe ehemaliger europäischer Spitzenpolitiker zu Wort gemeldet. Ihr Fazit: Sparen ohne Wachstumsstrategie funktioniert nicht.

© dpa

Krisenmanager a.D.: Plädoyer für mehr europäische Integration und Euro-Bonds

Eine Gruppe um Gerhard Schröder plädiert für mehr europäische Integration und für Euro-Bonds. Wird der ehemalige Kanzler jetzt Merkels Krisenberater?

Nach der Kaufhauskette Karstadt will Nicolas Berggruen nun Europa retten. Eine von dem deutsch-amerikanischen Milliardär beauftragte Gruppe von Elder Statesmen und Wirtschaftswissenschaftlern hat am Montag in Brüssel einen Forderungskatalog zur Bewältigung der Euro- Krise auf den Tisch gelegt.

„Europa steht am Scheideweg“, heißt es in dem Papier, das klar für mehr europäische Integration als Reaktion auf die Probleme plädiert. Als Alternative sieht der US-amerikanische Starökonom Nouriel Roubini nur „den potenziellen Zerfall, der in den Kernländern der Euro- Zone, vor allem aber in Deutschland, großen Schaden anrichten würde“.

Fünf ehemalige Regierungschefs gehören dem „Rat zur Zukunft Europas“ an. Nur der Brite Tony Blair ist nicht erschienen, der Spanier Felipe Gonzales, der Belgier Guy Verhofstadt, der Finne Matti Vanhanen und der frühere deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder aber plädieren auf dem Podium einmütig für einen Europäischen Währungsfonds, Euro- Bonds genannte gemeinsame Staatsanleihen unter strenger Kontrolle und „eine gewisse Form von finanzpolitischem Föderalismus“.

Die Berggruen-Truppe fordert neben einer neuen Euro-Architektur vor allem eine wirtschaftspolitische Neuausrichtung. Neben der schnellen Umsetzung der Euro-Gipfelbeschlüsse vom 21. Juli plädiert sie dafür, den eingeschlagenen Sparkurs zu überdenken und ihm eine Wachstumsstrategie an die Seite zu stellen. „Sparen ist nötig, aber nicht genug“, heißt es in dem Bericht der Gruppe.

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Auf die Journalistenfrage, ob sie als Politiker je wiedergewählt worden wären, wenn sie eine solche Politik umgesetzt hätten, gibt es allerdings keine direkte Antwort. Indirekt sagt Schröder lediglich, seine Nachfolgerin Angela Merkel sei mit ihrer Forderung nach einer echten Wirtschaftsregierung mit einem Durchgriffsrecht auf die Entscheidungen in den Einzelstaaten seiner Ansicht nach „auf dem richtigen Weg, nachdem zu Beginn der Krise vor allem Griechenland-Bashing betrieben wurde“. Der Sozialdemokrat fragt schließlich ein wenig aufreizend: „Warum sollte ein ähnlicher Lernprozess nicht in Bezug auf Euro-Bonds vonstatten gehen?“

Ob CDU-Kanzlerin Merkel ihren SPD-Vorgänger als Krisenberater akzeptiert, ist mehr als fraglich. Die jetzige Bundesregierung gibt dem Exkanzler eine Mitschuld an der Euro-Krise, weil er zusammen mit Frankreichs damaligem Staatschef Jacques Chirac den Euro-Stabilitätspakt aufgeweicht hat, um selbst einem blauen Brief aus Brüssel zu entgehen. Doch steht Schröder eben nicht allein. Die Forderung nach einer neuerlichen Änderung der EU-Verträge oder gar die Unterschrift unter einen eigenen Vertrag für die Euro-Zone wird auch in Berlin intensiv beraten. So scheint einzig die Frage, wie weit der nächste Integrationsschritt geht, wirklich umstritten.

Daran schließt sich jedoch direkt die Frage an, mit wem dieser nächste Integrationsschritt vollzogen wird. In der gesamten Europäischen Union? Oder nur in der Euro-Zone, wie das im Bundesfinanzministerium derzeit vorbereitet zu werden scheint? Altkanzler Schröder bekräftigte gestern in Brüssel seine im Nachrichtenmagazin „Spiegel“ geäußerte Kritik an Großbritannien, das notwendige Schritte im Kreise der 27 verhindere. Die Insel müsse nun endlich der Euro-Zone beitreten, wenn sie weiter mitreden wolle. Realistisch ist das freilich derzeit nicht.

Unterdessen bekräftigen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy, dass ein Rauswurf Griechenlands aus der Euro-Zone keine Lösung für die EuroKrise sei. Merkel warnte in Berlin vor einem „Dominoeffekt“ , der „außerordentlich gefährlich“ für die gemeinsame Währung werden könne. Van Rompuy sagte dem belgischen Radiosender VRT, ein Austritt würde noch mehr Probleme schaffen.“ mit AFP

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