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Politik: Krisenmanager im Dienst der UN

Der Irak-Beauftragte de Mello kommt in Bagdad ums Leben

Sergio Vieira de Mello war stets dort, wo es am brenzligsten war: Sudan, Osttimor und Kosovo sind nur einige Beispiele. Er sei kein Bürokrat, der es lange auf dem Sessel aushalte, sagte er einmal. Irak wurde dem 55-jährigen Brasilianer nun zum Verhängnis. Er befand sich in dem UN-Gebäude, auf das am Dienstag ein Anschlag verübt wurde – und überlebte ihn nicht.

Der elegante, graumelierte Mann war allseits beliebt und angesehen. Stets trat er gepflegt auf und behandelte sein Gegenüber ausgesucht höflich: ein Vollblutdiplomat. UN-Generalsekretär Kofi Annan schätzte die Verhandlungsqualitäten, die Flexibilität, die Erfahrung und die Intelligenz des Brasilianers. Deshalb machte er ihn vor einem Jahr zum UN-Menschenrechtsbeauftragten und ernannte ihn im Mai zu seinem Sondergesandten in Bagdad. Zuvor war de Mello stellvertretender UN-Generalsekretär und Leiter des Büros für humanitäre Angelegenheiten.

Als brillanten Denker, effizienten Strategen mit einer charismatischen Persönlichkeit beschreiben ihn seine Mitarbeiter. Er suche den Konsens, bleibe aber zielstrebig in der Sache. So verteidigte er während des Bürgerkriegs in Ex-Jugoslawien beispielsweise vehement die Bewahrung des multi-ethnischen Charakters der Region. Dies sei „eine moralische Pflicht, aber auch eine Frage der Pragmatik“. Jede Ideologie, die den Ansatz „ethnischer Reinheit“ akzeptiere, wo bisher – wie im Kosovo – mehrere Kulturen miteinander koexistierten, könne nur zur Fortsetzung des Teufelskreises gegenseitiger Vergeltung führen, schrieb er 1999.

Humanitäre Dramen begleiten den in Paris ausgebildeten Philosophen, der neben portugiesisch auch französisch und englisch fließend spricht, seit Anbeginn seiner Karriere. 1969 begann er, für das UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge in Genf zu arbeiten. Später wurde er Beauftragter für den Schutz der Zivilisten der UN-Truppen in Bosnien, konnte aber Massaker an Zivilisten wie das von Srebrenica nicht verhindern. Das erlebte Leid brachte er so auf den Punkt: „Auch Kriege haben ihre Gesetze, und der Schutz der Zivilbevölkerung steht dabei an vorderster Stelle.“ Seit mehr als 30 Jahren arbeitet de Mello für die UN. Vor seiner Entsendung nach Bagdad ließ de Mello erstmals Distanz zu den USA erkennen. Zu Kriegsbeginn bezeichnete er die Vereinigten Staaten als „Besatzungsmacht“, beim Fall Bagdads am 9. April zeigte er sich „tief beunruhigt“ über die zunehmende Zahl ziviler Opfer.

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