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Krisenpolitik: Opposition warnt vor "Dammbruch"

Erst Opel, nun Arcandor, womöglich bald Porsche und Infineon: Die Opel-Rettung könnte eine Kettenreaktion auslösen, fürchtet die Opposition – die Kanzlerin hält dagegen

Wenige Tage nach der vorläufigen Rettung von Opel warnen Politiker der Opposition vor den Folgen des Beschlusses. So kritisierte der Haushaltsfachmann der Grünen, Alexander Bonde, im Gespräch mit  ZEIT ONLINE: "Die Regierung verliert zunehmend ihre wirtschaftspolitische Linie." Andere Unternehmen könnten künftig glauben, dass der Staat freigiebiger mit Staatshilfen verfahren werde. Es bestehe die Gefahr, dass die Opel-Rettung ein "Dammbruch" gewesen sei. Auch die FDP sieht Staatshilfen für Unternehmen kritisch. "Union und SPD schaufeln jetzt im Wahlkampf-Poker die Milliarden hin und her wie Onkel Dagobert – aber es ist nicht ihr Geld, sondern das der Steuerzahler“, sagte der Generalsekretär der Liberalen, Dirk Niebel, Handelsblatt.com.

Am Morgen hatte der Handelskonzern Arcandor von der Regierung "Gleichbehandlung" gefordert. "Niemand wird behaupten, dass Opel vor dem Ausbruch der Krise 2008 kerngesund war", sagte ein Unternehmenssprecher. Trotzdem bekomme das Unternehmen Geld. Dasselbe müsse auch für den Handelskonzern gelten. Der Staat habe mit Förderprogrammen wie der Abwrackprämie die produzierende Industrie erheblich gestützt, den Handel aber nicht.

Schon in der vergangenen Woche hatte der Halbleiterkonzern Infineon Bürgschaften in Höhe von 500 Millionen Euro beantragt. Auch der insolvente Speicherchip-Hersteller Qimonda ist für Staatshilfen im Gespräch. Der Autozulieferer Schaeffler will ebenfalls Bürgschaften beantragen, auch Porsche hat einen Antrag auf Garantien gestellt.

Am Montag wird der Lenkungsausschuss des Deutschlandfonds zusammen treffen, um über Staatshilfen für Arcandor zu beraten. Die Bundesregierung wird dann voraussichtlich in der kommenden Woche eine Entscheidung treffen. Arcandor und die Banken des Konzerns haben eine Staatsbürgschaft über 650 Millionen Euro und einen Kredit in Höhe von 200 Millionen Euro beantragt. In der Union wird bezweifelt, dass Arcandor die Kriterien für Hilfen aus dem Notfonds erfüllt. 

Kanzlerin Angela Merkel stellte klar, dass die Rettung von Opel ein "besonderer Fall" gewesen sei. Sie lehne eine "Vorzugsbehandlung" für das Kaufhaus- und Reiseunternehmen Arcandor ab. Bei jeder weiteren Rettungsaktion würden wieder die Kriterien greifen, die die Bundesregierung für Unternehmenshilfen aufgestellt habe. Hierzu zählt, dass das Unternehmen "unverschuldet" durch die Wirtschaftskrise in Schwierigkeiten geraten ist.

Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg sicherte Arcandor zu, den Antrag auf Staatsbürgschaften "vorbehaltlos" zu prüfen. Der Ausgang sei völlig offen. Der Minister bekräftigte abermals seine kritische Haltung gegenüber Staatshilfen. "Wer jetzt schon mit Hunderten von Millionen winkt, führt einen durchsichtigen Wahlkampf auf dem Rücken der Steuerzahler und der Beschäftigten von Arcandor."

Der Grüne Bonde ermahnte die Bundesregierung, schleunigst zu klaren Kriterien zurückzukehren, nach denen Staatshilfen gewährt werden können. Da Arcandor keinesfalls vor dem Ausbruch der Wirtschaftskrise solide dagestanden habe, lehne er Bürgschaften für das Unternehmen ab, sagte er. Bei anderen Unternehmen müsse man von Einzelfall zu Einzelfall prüfen, ob staatliche Hilfen sinnvoll seien.

ZEIT ONLINE

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