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EU-Kommissar Günther Oettinger steht erneut in der Kritik.

© dpa

Kritik am EU-Kommissar: Günther Oettinger auf dem Flug ins Abseits?

Der EU-Kommissar ist im Privatjet eines Kreml-nahen Lobbyisten mitgeflogen. Damit könnte er gegen den Verhaltenskodex der EU-Kommission verstoßen haben.

Günther Oettinger (CDU) bleibt nach seiner verunglückten Rede vor Unternehmern weiter in den Schlagzeilen: Der EU-Kommissar für Digitales, der Anfang kommenden Jahres auch die Zuständigkeit für den europäischen Haushalt bekommen soll, steht wegen eines Mitflugs im Jet eines Unternehmers in der Kritik. Bereits im Mai begleitete Oettinger seinen langjährigen Bekannten, den Daimler-Manager Klaus Mangold, auf dem Weg nach Budapest. Dort war Oettinger mit Ungarns Regierungschef Victor Orban verabredet. Kritiker bemängeln, er habe damit gegen den Verhaltenskodex für Mitglieder der EU-Kommission verstoßen. Nach den Statuten darf ein Kommissar lediglich Geschenke und Dienstleistungen im Gegenwert von höchstens 150 Euro annehmen. Der Mitflug in einem Privatflugzeug dürfte diese Grenzen übersteigen.

Der ehemalige baden-württembergische Ministerpräsident wies die Kritik am Mittwoch zurück: „Die Vorwürfe sind gegenstandslos.“ Wegen Terminverpflichtungen habe er nicht die Linienmaschine nehmen können. Sodann sei die Initiative von der ungarischen Regierung ausgegangen, bei Mangold mitzufliegen, der ebenfalls in Budapest war und als langjähriger Vorsitzender des Ostausschusses der deutschen Wirtschaft beste Kontakte nach Russland hat. „Dies war die einzige Möglichkeit, pünktlich nach Budapest zu reisen“, so Oettinger weiter. Er erklärt, dass er sich nicht weiter um die Kosten des Fluges gekümmert habe. „Wir haben bei der ungarischen Regierung nicht explizit nachgefragt, genauso wenig wie bei den Hotelkosten, die ja auch von der Regierung übernommen wurden.“ Mangold ist zudem Honorarkonsul für Russland mit Sitz in Stuttgart.

Der CDU-Politiker war auf Einladung des ungarischen Wirtschaftsministers Mihaly Varga zu einer Konferenz in die ungarische Hauptstadt eingeladen worden, bei der es um Perspektiven für die Autoindustrie in Ungarn ging. Oettinger hielt dabei am 19. Mai eine Rede in seiner Eigenschaft als Kommissar, der für den digitalen Binnenmarkt zuständig ist. Am Rande der Konferenz traf sich Oettinger auch mit Vertretern der Industrie wie etwa Daimler und Bosch. Oettinger war schon am Vortag nach Budapest geflogen, weil ihn der ungarische Premierminister Orban zu einem Abendessen eingeladen hatte.

Ein Abgeordneter der Grünen im EU-Parlament deckte den Fall auf

Der Grünen-Abgeordnete im Europa-Parlament, Benedek Javor, stellvertretendes Mitglied im Haushaltskontrollausschuss, hatte den Fall ins Rollen gebracht. Er hatte recht bald nach der Konferenz Mutmaßungen in den Raum gestellt, als ehemaliger Energie-Kommissar habe Oettinger Ungarn Tipps für den geplanten Bau von zwei neuen Atomkraftwerken geben wollen. Oettinger hat stets dementiert, dass der Bau der Kraftwerke jemals Thema bei den Gesprächen gewesen sei.

Die Fraktionschefin der Grünen, Rebecca Harms, kritisiert Oettinger scharf für den Mitflug bei Mangold: Oettinger habe damit die Ethikregeln der Kommission verletzt und halte es nicht einmal für problematisch. „Es ist sehr bedenklich, wenn sich ein EU-Kommissar von einem Kreml-nahen Lobbyisten in einem Privatjet durch Europa fliegen lässt und das völlig normal findet.“ Es gehe nicht um irgendeinen Lobbyisten, sondern um einen der einflussreichsten Strippenzieher, der sich für ein Ende der Russland-Sanktionen der Europäischen Union einsetze. Oettingers Verhalten sei umso gravierender, heißt es in Brüssel, weil er demnächst für den Haushalt und damit für die EU-Bediensteten und ihr Verhalten in der Öffentlichkeit zuständig sein soll. „Wir machen gerade den Bock zum Gärtner“, heißt es hinter vorgehaltener Hand im Europa-Parlament. Nach den Gepflogenheiten des Parlaments muss sich Oettinger noch kritischen Fragen der Abgeordneten stellen, bevor er das Haushaltsressort übernimmt. Harms kündigte bereits an, dass er dabei nicht mit Schonung rechnen kann. „Er wird sich hier sehr unangenehmen Fragen stellen müssen.“

In der Sache hat der Tagesspiegel zwei Nachfragen an das Büro Oettinger gestellt. Zum einen war gefragt worden, ob es sich „um die einzige Mitreise-/Mitfluggelegenheit“ gehandelt habe, „die der Kommissar von Privaten genutzt hat“. Und zum anderen: „Hat er in seiner Zeit als Energiekommissar Flüge von Gazprom genutzt?“ Dazu kam aus Oettingers Büro die Antwort, man „habe des Weiteren nichts zu sagen“.

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